Ägypten: Opposition ruft zum "Marsch der Millionen"
Neue Massenproteste sollen den ägyptischen Präsidenten Mubarak zum Rücktritt zwingen. Die Regierung tut alles, um den Protest zu behindern. Das Militär machte klar, dass es nicht auf friedliche Demonstranten feuern werde.

Eine Woche nach Beginn der Proteste will die ägyptische Bürgerbewegung Präsident Husni Mubarak mit neuen Massendemonstrationen endgültig zum Rücktritt zwingen. Die Opposition unter Führung von Friedensnobelpreisträger Mohamed El Baradei schloss sich einem Aufruf von Arbeitern zum Generalstreik an und rief zu einem "Marsch der Millionen" in Kairo und Alexandria auf. In der Hauptstadt soll erstmals auch vor dem Präsidentenpalast demonstriert werden. Zur Behinderung der Anreise der Regimegegner sei der Eisenbahnverkehr unterbrochen worden, berichtete der arabische Nachrichtensender Al-Dschasira.

Mobiltelefonnetz soll gekappt werden

Zur Unterbindung der Kommunikation will die Regierung das Mobiltelefonnetz kappen. Das berichteten Medien und Regierungsvertreter in der Nacht zum Dienstag. Ein weiterer ägyptischer Internetprovider, die Noor Group, sei am Montagabend von Netz genommen worden. Das teilte Renesys mit, ein amerikanisches IT-Unternehmen aus New Hampshire, das für Internet-Anbieter die Sicherheit und die Infrastruktur des Netzes überprüft. Das sei der letzte Internetprovider gewesen, der funktioniert habe, hieß es in einem Medienbericht.

Unterstützung kommt dagegen aus den USA. Der Internetgigant Google hilft bei der Kommunikation. Wie Google (Mountain View/Kalifornien) in seinem Firmenblog am Montag mitteilte, soll es möglich sein, per Telefonanruf zu twittern.

Ungeachtet der Ausgangssperre gingen die Proteste auch in der Nacht weiter. Wie Al-Dschasira berichtete, hielten sich Hunderte von Demonstranten auf dem zentralen Tahrir-Platz in Kairo auf.

Militär kündigt Zurückhaltung an

Mubarak beauftragte seinen Vizepräsidenten Omar Suleiman, mit der Opposition zu sprechen. Das Büro Suleimans sagte dem US-Nachrichtensender CNN, dass erste Kontakte zur Opposition geknüpft worden seien. Es gab nach CNN-Angaben aber keine Hinweise, welche Vorschläge gemacht worden seien. Auch lagen keine Reaktionen von Oppositionellen vor. Zudem fehlten Angaben über die Gesprächspartner.

Im Vorfeld der Massendemonstration signalisierte das Militär, dass es nicht auf friedliche Demonstranten feuern werde. "Wir erkennen die Legitimität der Forderungen der Bürger an", hieß es in der Erklärung der Militärführung, die am Montagabend veröffentlicht wurde. "Wir werden keine Gewalt gegen die Bürger einsetzen." Auch in Tunesien hatte die Armee im Gegensatz zur Polizei bei den Protesten gegen das Regime von Ben Ali Zurückhaltung geübt und damit die Achtung der Menschen gewonnen.

Friedensnobelpreisträger Mohammed El Baradei bekräftigte am Montag seinen Führungsanspruch innerhalb der Oppositionsbewegung. Angehörige der Opposition erklärten jedoch, in dieser Frage gebe es Differenzen. El Baradei will in eine Regierung der nationalen Einheit neben einem Vertreter der Muslimbruderschaft zwei Richter, einen Militär und diverse Oppositionspolitiker holen.

Mubarak gab seinem neuen Ministerpräsidenten Ahmad Schafik am Montag die Order, angekündigte demokratische Reformen umzusetzen. In dessen Kabinett finden sich allerdings nur etwa ein Drittel neue Minister, wie bei der Vereidigung deutlich wurde. Treue Gefolgsleute des Regimes blieben im Amt.

Obama ruft zu einem friedlichen "Übergang" auf

US-Präsident Barack Obama rief zu einem friedlichen "Übergang" in Ägypten auf. Nach Angaben seines Sprechers Robert Gibbs wollen die USA "einen geordneten Übergang zu einer Regierung" unterstützten, "die auf die Bestrebungen des ägyptischen Volkes eingeht".

Bundeskanzlerin Angela Merkel gab bei einem Besuch in Israel zu erkennen, dass sie die von Mubarak eingeleiteten Maßnahmen zur Beilegung der Unruhen für nicht ausreichend hält. Vor allem der Dialog der ägyptischen Regierung mit den protestierenden Menschen reiche nicht aus, sagte Merkel.

Die EU will die Ägypter in ihrem Streben nach mehr Demokratie unterstützen, hält sich in der Kontroverse um Mubarak aber weitgehend zurück.

dpa