Ägypten: Mubaraks Behörden blockieren das Internet
Ägypten steht vor neuen Protesten, die Regierung wappnet sich: Das Internet wurde blockiert, Freitagsgebete in einigen Moscheen verboten, Oppositionelle festgenommen. Friedensnobelpreisträger El Baradei soll die Demonstranten anführen.

Kurz vor neuen Protesten gegen die Regierung des ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak ist das Internet in Teilen des Landes massiv gestört. Wie der US-Nachrichtensender CNN unter Berufung auf Webdienste, die das Funktionieren des Internets überprüfen, berichtete, waren die Server des Hauptanbieters in Ägypten am Freitagmorgen nicht erreichbar. Auch die Server für Webseiten der ägyptischen Regierung und der US-Botschaft in Kairo waren offenkundig unterbrochen.

Auch Textnachrichten konnten nicht mehr mit Blackberry versendet werden. Webseiten wie Twitter, Facebook und der Email-Dienst von Google waren vollständig blockiert. Die Regierung hatte angekündigt, am Freitag würden keine Proteste geduldet. Jedoch seien Menschen in Kairo von Tür zu Tür gegangen, um ihre Mitbürger zur Teilnahme zu ermutigen.

Oppositionelle in Ägypten festgenommen

In der Nacht zum Freitag sind in Ägypten zahlreiche Oppositionelle festgenommen worden. Wie der arabische Nachrichtensender Al Dschasira am frühen Morgen berichtete, waren darunter auch acht Führer der oppositionellen Muslimbruderschaft. Auch in der Nacht habe es wieder Zusammenstöße zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften gegeben. Die Muslimbruderschaft hatte ihre Anhänger aufgerufen, sich an den nach dem Freitagsgebet geplanten Protesten zu beteiligen.

Die Opposition hatte für Freitag zu Massenkundgebungen in Kairo und anderen Städten aufgerufen. Mehrere Gruppen forderten die Bürger auf, nach dem Freitagsgebet von den Moscheen aus loszumarschieren. Auch die Christen sollten nach dem Kirchgang auf die Straße gehen.

Sicherheitskräfte sollen für Freitagmittag Gebete in den meisten Moscheen im Zentrum von Kairo sowie in größeren Moscheen im Land verboten haben, um Versammlungen von Demonstranten zu verhindern, berichtete die Website Akher al-Akhbar.

Auch am Donnerstag kam es wieder zu Protesten in Ägypten. In Kairo demonstrierten am späten Abend auf einer der Hauptstraßen mehr als 1.000 Menschen. Seit Beginn der Proteste am Dienstag - den größten seit der Machtübernahme von Mubarak vor 30 Jahren - gab es mindestens sieben Tote, etwa 1.000 Menschen wurden festgenommen.

El Baradei will sich an Spitze der Protestbewegung stellen

Unterdessen traf Friedensnobelpreisträger Mohammed el Baradei am Donnerstagabend in Kairo ein. Der frühere Direktor der Internationalen Atomenergiebehörde IAEA, der sich an die Spitze der Protestbewegung stellen will, bot sich als Chef einer Übergangsregierung an. Ägypten stehe an einem Scheideweg, sagte der 68-Jährige.

Bei seiner Ankunft in Kairo äußerte sich El Baradei zunächst nicht näher zu seinen Plänen. "Es ist ein Prozess", sagte er lediglich. Mit Blick auf die Staatsführung betonte der Diplomat: "Eine Hand ist ausgestreckt, aber die Führung muss verstehen, dass Wandel absolut notwendig ist." Es gebe keinen Weg zurück.

El Baradei, der in Begleitung seiner Ehefrau aus Wien kam, sagte, er hoffe auf einen friedlichen Machtwechsel in Ägypten. Anders als bei seiner Rückkehr im Februar vergangenen Jahres wurde er diesmal nur von Reportern empfangen. Damals hatten ihn auch Hunderte von Regimekritikern erwartet.

Obama: Proteste zeigen "aufgestaute Frustrationen"

US-Präsident Barack Obama ist überzeugt, dass politische und wirtschaftliche Reformen eine «absolut entscheidende Bedeutung» für Ägyptens Zukunft haben. In einem "YouTube"-Interview sagte er am Donnerstag, er habe bei Mubarak wiederholt auf Reformen gedrungen. Zugleich wies Obama darauf hin, dass Mubarak ein enger Verbündeter "in einer Menge von bedeutenden Fragen" und ein Partner im arabisch-israelischen Friedensprozess gewesen sei.

"Präsident Mubarak ist sehr hilfreich bei einer Reihe von schwierigen Angelegenheiten im Nahen Osten gewesen", sagte Obama. Die Proteste zeigen nach seinen Worten "aufgestaute Frustrationen" über die Lage der ägyptischen Gesellschaft. Es sei von grundlegender Bedeutung, dass Menschen in jedem Land frei seien, "ihre legitimen Beschwerden zum Ausdruck zu bringen".

In Kairo sorgten am Donnerstag Gerüchte für Aufregung, Präsidentensohn Gamal Mubarak habe sich mit Frau und Kind nach London abgesetzt - die aber von Mubaraks Nationaldemokratischen Partei (NDP) umgehend dementiert wurden. Die Regierung Mubarak hüllte sich weiter in Schweigen. Mubarak hat sich seit Beginn der Proteste am Dienstag nicht öffentlich gezeigt. Am Samstag soll er in Kairo die Internationale Buchmesse eröffnen.

Das einzige Zugeständnis war am Donnerstag eine Meldung der staatlichen Medien, wonach das Parlament am kommenden Sonntag über Maßnahmen zur Armutsbekämpfung, eine Anhebung des staatlichen Mindestlohnes und eine bessere Gesundheitsversorgung debattieren soll. An der Börse in Kairo stürzten die Kurse nach den jüngsten Kundgebungen so stark ab, dass der Handel für zwei Stunden ausgesetzt wurde.

dpa