Angekratzt und dünnhäutig: Guttenberg vor dem Ausschuss
So gereizt haben die Mitglieder des Verteidigungsausschusses Guttenberg noch nie erlebt. Nach einer Woche Bundeswehraffäre wirkt der Minister genervt und findet findet alle Vorwürfe haltlos - bis auf einen.
26.01.2011
Von Michael Fischer

Die Abgeordneten des Verteidigungsausschusses haben Karl-Theodor zu Guttenberg in den vergangenen 15 Monaten etliche Male auch in politisch heiklen Situationen erlebt. So gereizt wie am Mittwoch - da waren sich alle einig - war er aber noch nie. "Wir haben einen Minister erlebt, der auf Kritik besonders dünnhäutig reagiert", sagte der SPD-Obmann Rainer Arnold nach der vierstündigen Befragung Guttenbergs.

Fritz-Rudolf Körper ging noch weiter. Als "angekratzt und aggressiv" beschrieb der Sozialdemokrat das Agieren Guttenbergs im Ausschuss. Und selbst Guttenbergs Fraktionskollege Ernst-Reinhard Beck (CDU) musste einräumen, dass Guttenberg zumindest in "einigen Situationen" einen dünnhäutigen Eindruck gemacht habe.

Der Verteidigungsminister ist eigentlich für lockere und souveräne Auftritte in Stresssituationen bekannt. Die Kritik der vergangenen Tage ist aber offenbar nicht spurlos an ihm vorbei gegangen. Fast gleichzeitig brachte der Wehrbeauftragte des Bundestags, Hellmut Königshaus (FDP), in der vergangenen Woche drei Bundeswehr-Affären ins Rollen. Es geht um geöffnete Feldpost, einen tödlichen Schießunfall und chaotische Zustände auf der "Gorch Fock".

Kritik nichts als "Hauptstadt-Theater"?

Die Opposition wirft Guttenberg Informationspannen in seinem Haus und überstürztes Krisenmanagement vor. Er habe die Bundeswehr mit ihren 360 000 Soldaten und zivilen Mitarbeitern nicht im Griff und lasse sich von der Berichterstattung der Boulevardpresse treiben, heißt es.

Die harsche Kritik nervt ihn, und das kann Guttenberg auch nicht mehr verbergen. Die aufgeregte Debatte um die Bundeswehr bezeichnete er in der vergangenen Woche despektierlich als "Hauptstadt-Theater". Die Kritik der Opposition kategorisierte er als unanständig. Die Vorwürfe seien "infam und fallen auf denjenigen zurück, der sie ausspricht".

Der raue Ton wird auch von einigen Politikern in den eigenen Reihen als nicht ganz unproblematisch eingeschätzt. Trotzdem machte der Minister auch am Mittwoch in der Ausschusssitzung auf dieser Linie weiter. Die Anschuldigungen gegen ihn seien "wie ein morsches Dachgebälk in sich zusammengebrochen", sagte er.

Informationen erst auf Nachfrage

In einem Punkt räumte er allerdings Fehler in seinem Haus ein. Das Parlament sei zunächst "unvollständig" über den tödlichen Schießunfall in Afghanistan unterrichtet worden. Am 17. Dezember war ein 21-jähriger Hauptgefreiter durch einen Schuss aus der Waffe eines Kameraden getötet worden.

Guttenberg hatte das zwar auch am folgenden Tag bei einem Afghanistan-Besuch mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vor Journalisten so geschildert. Eine schriftliche Unterrichtung des Parlaments einen Tag vor Heiligabend fiel aber weit hinter diese Informationen zurück. Die Abgeordneten wurden erst in der vergangenen Woche und auch erst auf Nachfrage auf den aktuellen Erkenntnisstand gebracht.

Gegenwind aus den eigenen Reihen

Den Vorwurf der Vertuschung weist Guttenberg trotzdem weit von sich. Und mangelndes Krisenmanagement lässt er sich auch nicht vorwerfen. Bisher habe er noch niemanden gehört, der die Abberufung des "Gorch Fock"-Kapitäns in der Sache für wirklich falsch halte. Selbst der SPD-Politiker Arnold musste einräumen, dass auch er den Kapitän abgesetzt hätte - aber früher, sagt er.

Für die weitere Aufklärung der Affären werden nun in erster Linie Staatsanwälte zuständig sein. Guttenberg droht aber noch an anderen politischen Fronten Ungemach. Bei der Finanzierung der Bundeswehrreform bekommt er Gegenwind auch aus der eigenen Fraktion. Und wahrscheinlich in der nächsten Woche wird er die nächste Baustelle aufmachen: Dann soll die zweite Stufe der Bundeswehrreform in Gang gebracht werden. Dabei geht es unter anderem um einen tiefgreifenden Umbau des Ministeriums.

dpa