Kultur für alle - Freitickets für Bedürftige
Kultur für alle: Eine gemeinnützige und preisgekrönte Initiative vermittelt unverkaufte Tickets für Konzerte oder Theater kostenfrei an sozial Schwache. Nach Marburg und Berlin geht jetzt die Kulturloge in Hamburg an den Start, weitere Städte in Deutschland folgen.
25.01.2011
Von Jenny Tobien

Ob Kindertheater, Konzertabend oder Kabarett - die Kulturloge ermöglicht Arbeitslosen, Alleinerziehenden oder Geringverdienern den kostenlosen Besuch von Kulturveranstaltungen. Den Anfang machten Marburg und Berlin, am Dienstag ist auch in Hamburg eine Kulturloge an den Start gegangen. Weitere Ableger im Ruhrgebiet, in München oder Leipzig sind geplant.

"Ich war selbst einige Zeit arbeitslos und habe gemerkt, wie schnell man vom gesellschaftlichen Leben ausgeschlossen ist", sagt die Hamburger Initiatorin Julia von Weymarn. "Immer weniger Menschen können sich den Eintritt zu Theatern und Konzerten leisten - das wollen wir ändern."
Das System ist recht einfach: Interessierte lassen sich über einen Sozialträger wie die Diakonie bei der Kulturloge registrieren.

1.450 Tickets vermittelt

Gleichzeitig stellen Theater einen Teil ihrer nicht verkauften Karten zur Verfügung. Die in der Datenbank erfassten Kultur-Fans werden von ehrenamtliche Mitarbeitern angerufen und persönlich eingeladen. Das Ticket wird auf den Namen des Gastes hinterlegt, so dass dieser sich am Eingang nicht als bedürftig outen muss. "Wir nehmen den Kultureinrichtungen nichts weg, sondern besetzen nur die Plätze, die ohnehin freibleiben würden", erklärt Weymarn. Davon profitierten alle: "Die Schauspieler spielen lieber vor vollen Rängen und die Häuser erfüllen ihren Bildungsauftrag."

2009 rief Kulturredakteurin Christine Krauskopf gemeinsam mit Hilde Rektorschek von der hessischen Tafel die erste Kulturloge in Marburg ins Leben. "Wir arbeiten nach dem Prinzip der Tafeln, anstelle von Essen geben wir nicht verkaufte Eintrittskarten weiter", erklärt Rektorschek. Bislang konnten 1.450 Tickets vermittelt werden.

Das Konzept machte bundesweit Furore: "Ich habe Anrufe aus ganz Deutschland bekommen von Freiwilligen, die in ihrer Stadt ein solches Projekt auf die Beine stellen wollen", berichtet Rektorschek. In Essen entsteht derzeit die "Kulturloge Ruhr". Aber auch aus Gießen, Freiburg, Lübeck, Leipzig, Stuttgart und München gab es Anfragen.

Aktionen in Berlin und Hamburg

Kurz nach dem Startschuss in Hessen folgte die zweite Kulturloge in Berlin. Dort sind derzeit mehr als 2000 Bedürftige registriert. In der Hauptstadt beteiligen sich renommierte Häuser wie das Grips- und das Distel-Theater, aber auch Sportvereine wie Alba Berlin. "Künstler brauchen das Spiel mit dem Publikum, wenn mal keines da ist, haben wir auch nichts davon. Dann können wir die Karten auch verschenken", erklärt Bianka Thielke vom Kabarett "Die Wühlmäuse", das ebenfalls dabei ist.

In Hamburg haben bereits das Altonaer Theater und die Kammerspiele zugesagt, außerdem mehrere Kinder-Theater. Mehr als 20 Ehrenamtliche kündigten ihre Unterstützung an.

dpa