Hartz IV: Durchbruch bei Bildung - Gespräche vertagt
Im Ringen um die Hartz-IV-Neuregelung gibt es einen Durchbruch bei den geplanten Bildungshilfen für die über 2,1 Millionen Kinder von Langzeitarbeitslosen. Ein nächstes Treffen der Spitzenpolitiker von Koalition und Opposition wurde für den 6. Februar vereinbart.

Dies berichtete SPD-Verhandlungsführerin Manuela Schwesig nach einem erneuten Treffen von Regierung und Opposition in der Nacht zum Dienstag in Berlin. Nach der mehr als sechsstündigen Gesprächsrunde wurden die weiteren Verhandlungen auf den 6. Februar vertagt. Regelsatz für die Hartz-IV-Empfänger.

Schwesig: Koalition soll ihre Hartz-IV-Linie klären

Schwesig hat der Koalitionsseite Uneinigkeit vorgeworfen. Vor allem beim Einzelthema Mindestlohn für die Zeitarbeitsbranche hake es. "Hier ist sich die Bundesregierung überhaupt nicht einig, das ist ein großes Problem", sagte die Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern am Dienstag im ZDF-"Morgenmagazin". "Diese Zerstrittenheit müssen die jetzt erstmal klären." Die Opposition fordert im Rahmen der Hartz-IV-Verhandlungen, dass Leiharbeiter und Stammbesetzung gleich bezahlt werden - das Tauziehen geht in diesem Punkt darum, nach wie langer Betriebszeit das für Leiharbeiter gelten soll.

Schwesig bestätigte noch einmal, dass es bei den Verhandlungen in der Nacht zu Dienstag "nur einen Fortschritt beim Thema Bildung" gegeben habe. Demnach sollen für bedürftige Kinder nicht wie ursprünglich geplant die Jobcenter, sondern die Kommunen zuständig sein. Detailfragen wolle man aber noch besprechen. In den übrigen zwei Streitpunkten - neben dem Mindestlohn die Höhe des Regelsatzes - gab es keine Einigung. Beim Ringen um den Regelsatz gehe es nur um "Teilkorrekturen", sagte Schwesig.

Von der Leyen zuversichtlich

Aus Koalitionskreisen hieß es, man habe bei den Verhandlungen über das Bildungspaket "gut Strecke gemacht". Jetzt sei zunächst eine Denkpause angesagt. Auch müsse es noch Gespräche mit den Kommunen über die Finanzierungswege für das Bildungspaket geben. Schwesig sagte, geplant sei, dass die Kommunen die Kosten für die Bildungsförderung der Kinder von Langzeitarbeitslosen vom Bund erstattet bekommen.

Die Regierungskoalition braucht für die vom Verfassungsgericht verlangte Hartz-IV-Neuregelung die Zustimmung des Bundesrates, in dem Union und FDP jedoch keine Mehrheit mehr haben. SPD und Grüne pochen auf erhebliche Nachbesserungen. Der Bundesrat hatte am 17. Dezember das bereits vom Bundestag verabschiedete Gesetz aufgehalten.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) hatte sich vor dem Treffen am Montagabend in Berlin zuversichtlich gezeigt, dass es zu einer Lösung kommen wird. Die Ministerin hatte auch beim Mindestlohn für Zeitarbeit eine "gute Lösung" in Aussicht gestellt. Die Opposition verlangt hier bei entliehenen Arbeitnehmern das Prinzip "gleicher Lohn für gleiche Arbeit" - möglichst bereits nach einer einmonatigen Einarbeitungszeit. Hiergegen sperrt sich insbesondere die FDP.

Kein "substanzieller Vorschlag" beim Regelsatz

Vor dem Treffen war eine Berechnung aus dem Arbeitsministerium bekanntgeworden, derzufolge der Hartz-IV-Regelsatz unter besonderen Umständen auf 370 Euro angehoben werden könnte. Dazu müssten aus der für die Berechnung herangezogenen unteren Einkommensgruppe die sogenannten Aufstocker mit einer Unterstützung von maximal 100 Euro herausgenommen werden. Ein Ministeriumssprecher betonte, dies sei "kein Angebot an die Opposition", sondern eine von dieser erbetene Rechenvariante. Die Koalition will den Regelsatz bislang nur um 5 auf 364 Euro erhöhen.

Die SPD-Vize-Vorsitzende Schwesig kritisierte, bei den Regelsätzen herrsche nach vielen Berechnungen der Bundesregierung jetzt "ein ziemliches Durcheinander": "Da muss endlich Licht in diesen Dschungel." Der Regelsatz müsse so gestaltet werden, "dass wir nicht mehr die Sorge haben, dass wir damit vor dem Verfassungsgericht scheitern".

Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber für die Neureglung eine Frist zum 1. Januar 2011 gesetzt. Kommt es zu keiner Einigung, wird eine neue Klagewelle der Betroffenen erwartet. Sozialverbände haben bereits dazu aufgerufen.

dpa