Kritik nach Anschlag von Moskau
Ein zu laxer Umgang mit den Sicherheitsbestimmungen wird nach dem verheerenden Anschlag von Moskau kritisiert. Die Hintermänner werden wieder im Krisengebiet Nordkaukasus vermutet. International wurde die Tat als abscheulich, erbärmlich und feige verurteilt.

Der russische Präsident Dmitri Medwedew kritisiert nach dem verheerenden Selbstmordanschlag auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo, dass Sicherheitsvorkehrungen offenbar zu lax gehandhabt wurden. Die Gesetze würden nicht konsequent genug eingehalten, sagte er. Wegen der aktuellen Lage sagte er kurzfristig seine Eröffnungsrede auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos ab, zu dem er am Dienstag fliegen wollte.

Wusste der Geheimdienst von Anschlagsplänen?

Bei der Tat wurden am Montag mindestens 35 Menschen getötet und 126 verletzt, sagte Gesundheitsministerin Tatjana Golikowa am Dienstagmorgen. Verletzt wurde auch eine Deutsche. Dabei handelt es sich nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa allem Anschein nach um eine Russlanddeutsche. Die Deutsche Botschaft in Moskau konnte die Angaben zunächst nicht bestätigen, auch dem Auswärtigen Amt lagen am Abend keine Erkenntnisse vor.

Medwedew schaltete den Inlandsgeheimdienst FSB ein und ordnete im ganzen Land erhöhte Alarmbereitschaft an. Ermittler beschlagnahmten Videos von den Überwachungskameras, die die Explosion aufgezeichnet hatten. Nach Medienberichten soll der FSB schon seit einer Woche über Anschlagspläne informiert gewesen sein.

"Abscheulicher Terrorakt"

Inzwischen wurde die Tat international verurteilt. US-Präsident Barack Obama bezeichnete das Attentat als "abscheulichen Terrorakt gegen das russische Volk". Es handele sich um eine "vorsätzliche Attacke auf unschuldige Zivilisten", hieß es in einer Erklärung Obamas.

UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem beklagenswerten Akt gegen unschuldige Menschen. Ban sprach den betroffenen Familien sein tiefstes Beileid aus und bekundete Solidarität mit der russischen Regierung.

Bundeskanzlerin Angela Merkel verurteilte das Attentat mit "Abscheu". In einem Schreiben an den russischen Präsidenten sprach sie von einem "feigen Anschlag". Sie sagte Medwedew Unterstützung bei der Aufklärung zur.

EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso nannte die Tat "erbärmlich". Die EU-Kommission bot Russland technische Hilfe angeboten. Man sei bereit, Moskau jede Unterstützung zu bieten, die benötigt werde, teilte die EU-Kommission am Montag in Brüssel mit.

Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen sagte Russland enge Zusammenarbeit im Kampf gegen den Terrorismus zu. "Wir sind zusammen in diesem Kampf", sagte Rasmussen in Brüssel. "Das ist eine gemeinsame Bedrohung, die wir vereint angehen müssen." "Die Nato drückt ihre Solidarität mit dem russischen Volk und der Regierung aus."

Verdächtige aus dem Nordkaukasus?

Der Selbstmordattentäter kam vermutlich aus dem Konfliktgebiet im russischen Nordkaukasus. "Ich bringe Euch alle um", rief der mutmaßliche Islamist nach Augenzeugenberichten - bevor er seine mit Nägeln und anderen scharfkantigen Metallstücken gespickte Bombe zündete.

In den vergangenen Jahren verübten wiederholt islamische Extremisten aus der Unruheregion, wo auch das frühere Kriegsgebiet Tschetschenien liegt, Terrorakte in Moskau. Stunden nach dem Anschlag entdeckten Ermittler die Leiche des mutmaßlichen Attentäters, der als 30 bis 35 Jahre alter Mann mit "arabischem Aussehen" beschrieben wurde. Die Sicherheitskräfte suchten nach drei verdächtigen Männern.

Im Nordkaukasus kämpfen islamistische Untergrundkämpfer für ein von Moskau unabhängiges "Emirat". Moskau hat in der Region, zu der die muslimisch geprägten Teilrepubliken Dagestan und Inguschetien gehören, nach Behördenangaben etwa 24.000 Soldaten und Polizisten stationiert. Die Terroristen werden offiziell als "Banditen" bezeichnet. Fast täglich kommt es zu blutigen Zwischenfällen.

dpa