Staatspräsident Dmitri Medwedew schaltete den Inlandsgeheimdienst FSB ein und ordnete im ganzen Land erhöhte Alarmbereitschaft an. Auf Flughäfen und Bahnhöfen gelte von sofort an eine erhöhte Sicherheitsstufe, sagte Medwedew am Montag im Staatsfernsehen.
Die Explosion, deren Wucht der Detonation von fünf bis zehn Kilogramm TNT entsprach, habe sich um 16.32 Uhr (14.32 Uhr MEZ) in der Ankunftshalle in der Nähe eines Cafés ereignet, meldeten russische Agenturen unter Berufung auf die Polizei. Auch Stunden nach dem Anschlag flossen Informationen über das Geschehen am modernsten Moskauer Flughafen nur spärlich: Selbst das russische Fernsehen zeigte zunächst keine eigenen Bilder, sondern brachte Videos, die Augenzeugen auf YouTube und andere Internet-Plattformen hochluden. Nach unbestätigten Berichten explodierten zwei Sprengsätze, die mit Metallstücken gefüllt waren.
Dichter Rauch
Dichter Rauch und Trümmer und Glassplitter in der Halle erschwerten die Bergungsarbeiten, berichteten Augenzeugen. Rund 50 Krankenwagen rasten zu dem etwa 45 Kilometer vom Stadtzentrum entfernten Flughafen. Die Verletzten wurden in mindestens vier Kliniken gebracht.
Rettungskräfte bezifferten die Zahl der Verletzten auf rund 130. Der Flughafen sprach später von 46 Verletzten.
Nach dem Anschlag gab es zunächst keine Hinweise auf deutsche Opfer. Eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes sagte am Montag in Berlin, es gebe noch keine verlässlichen Angaben zur Herkunft der Toten und Verletzten. Mitarbeiter der deutschen Botschaft seien aber bereits am Flughafen und im Kontakt mit den russischen Behörden.
Flüge gestoppt
Die russischen Behörden stoppten zunächst alle internationalen Flüge in Domodedowo, darunter auch Landungen der deutschen Gesellschaften Air Berlin und Lufthansa. Die Maschinen wurden auf die beiden anderen Moskauer Flughäfen Wnukowo und Scheremetjewo umgeleitet. Schon nach kurzer Zeit wurde der Flugbetrieb auf Domodedowo wieder aufgenommen.
Medwedew kritisierte, dass offenbar zu laxe Sicherheitsvorkehrungen zu dem Anschlag geführt hätten. Wegen der aktuellen Lage sagte er kurzfristig seine Eröffnungsrede auf dem Weltwirtschaftsgipfel in Davos ab, zu dem er am Dienstag fliegen wollte.
Regierungschef Wladimir Putin schaltete sich in die Ermittlungen ein. Die Sicherheitskräfte suchen nach drei verdächtigen Männern. Der russische Aktien-Index MICEX gab kurz nach dem Anschlag um fast zwei Prozent nach.
In einer ersten Reaktion verurteilte Außenminister Guido Westerwelle (FDP) den Anschlag. "Dieser barbarische Akt ist durch nichts zu rechtfertigen", erklärte Westerwelle in Berlin. "Wir empfinden tiefes Mitgefühl mit den Angehörigen und Freunden der Opfer." Auch der Präsident des Europaparlaments, Jerzy Buzek, zeigte sich erschüttert. "Terrorismus und Gewalt können niemals gerechtfertigt werden", sagte Buzek in Brüssel. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in einem Schreiben an den russischen Präsidenten Dmitri Medwedew von einem "feigen Anschlag". "Ich möchte Ihnen hierzu mein tief empfundenes Mitgefühl ausdrücken", heißt es darin. "Bitte übermitteln Sie meine Anteilnahme auch den unmittelbar betroffenen Personen und den Angehörigen der Opfer. Den Verletzten wünsche ich schnelle Genesung."
Metro in Alarmbereitschaft
Eine in Düsseldorf gestartete Lufthansa-Maschine musste auf halber Strecke umkehren. Air Berlin verspürte vorerst nur geringe Auswirkungen auf ihren Flugbetrieb von und nach Moskau. Zwei Flüge nach Düsseldorf und Wien hätten normal starten können, sagte eine Sprecherin der zweitgrößten deutschen Fluggesellschaft am Montag in Berlin.
Aus Furcht vor weiteren Anschlägen versetzten die Moskauer Behörden auch die beiden anderen internationalen Moskauer Flughäfen sowie die Metro in Alarmbereitschaft. In der U-Bahn hatte sich im März 2010 ein Selbstmordanschlag mit 40 Toten ereignet. Die Täterinnen kamen damals aus dem Unruhegebiet Nordkaukasus.
Viele Anschläge in den vergangenen Jahren
In Russland sind in den vergangenen Jahren immer wieder Menschen bei Terroranschlägen getötet worden. Eine Auswahl der folgenschwersten Attentate:
27. November 2009: Bei einem Anschlag auf den Schnellzug Moskau- St. Petersburg sterben 26 Menschen. Etwa 100 Menschen werden verletzt. Tage später bekennen sich islamistische Extremisten zu der Tat und kündigen einen «Sabotagekrieg» gegen die «blutige Besatzungspolitik» Moskaus im Kaukasus an.
17. August 2009: Ein Selbstmordattentäter sprengt sich in der Stadt Nasran in der russischen Teilrepublik Inguschetien mit 200 Kilogramm Sprengstoff in seinem Kleintransporter in die Luft. Mindestens 25 Menschen sterben, mehr als 200 werden verletzt
21. August 2006: Auf einem Moskauer Markt explodiert eine mit Metallsplittern präparierte Bombe. Zehn Tote, mehr als 50 Verletzte.
13. Oktober 2005: Islamistische Rebellen überfallen die südrussische Stadt Naltschik. In nachfolgenden Gefechten sterben mindestens 137 Menschen, darunter 92 Rebellen, 33 Sicherheitsleute und zwölf Zivilisten.
19. Juli 2005: Bei einem Bombenanschlag auf Milizionäre in Snamenskoje nordwestlich der tschetschenischen Hauptstadt Grosny kommen mindestens 14 Menschen ums Leben, 34 werden verletzt.
12. Juni 2005: In der Nähe von Moskau detoniert auf einem Gleisbett ein ferngezündeter Sprengsatz. Mehrere Waggons eines aus Tschetschenien kommenden Eisenbahnzuges entgleisen. 42 Menschen werden verletzt.
1. September 2004: 32 Bewaffnete überfallen eine Schule in Beslan (Nordossetien) und nehmen mehr als 1100 Kinder, Eltern und Lehrer 52 Stunden lang als Geiseln. 331 Opfer und 31 Terroristen sterben.
06. Februar 2004: Eine Bombe in der Moskauer U-Bahn tötet etwa 40 Fahrgäste. Die Polizei spricht von einem Selbstmord-Attentäter tschetschenischer Herkunft.
24. August 2004: Sprengsätze bringen nahezu zeitgleich zwei russische Verkehrsflugzeuge im Westen Russlands zum Absturz. 90 Menschen sterben.
27. Dezember 2002: Ein Selbstmordattentäter bringt einen Lastwagen voller Sprengstoff am Gebäude der moskautreuen Regierung in Grosny zur Explosion. Mehr als 60 Tote.
23. Oktober 2002: 41 Tschetschenen überfallen ein Moskauer Musicaltheater und nehmen mehr als 800 Geiseln. Nach drei Tagen stürmt die Polizei das Gebäude. 129 Geiseln sowie alle Terroristen sterben.