"Die Geburt eines Kindes verändert alles", betonte Bettina Wulff, die vor fast drei Jahren ihren jüngsten Sohn zur Welt gebracht hat. Der gewohnte Alltag verschwinde schnell. Deshalb seien Rituale und verlässliche Abläufe für Eltern und Kinder wichtig. "Vorlesen schafft eine besondere Situation im zumeist hektischen Familienalltag. Ich weiß, wovon ich rede", sagte sie.
Mit der Aktion will das Evangelische Literaturportal als Dachverband evangelischer Büchereien zur frühkindlichen Bildung beitragen. Eltern und Kinder sollten anhand des Buches "Weißt Du wie viel Sternlein stehen?" gemeinsam den Schatz des Vorlesens und Zuhörens neu entdecken, sagte Schneider im Friederikenstift in Hannover.
Schneider: Rituale im Alltag stärken Vertrauen
Mit der Initiative wende sich die evangelische Kirche an Menschen, die noch nicht oder nicht mehr selbstverständlich zur Gemeinde gehörten, und die sich von ihren Kindern anstiften ließen, einen neuen Zugang zum Glauben zu finden, sagte Schneider. Auch der Ratsvorsitzende warb für Rituale im Familienalltag. Das Vertrauen in Gottes Güte, vermittelt durch Verlässlichkeit, sei eines der größten Geschenke von Eltern an ihre Kinder.
Die Beutel mit Buch und CD mit Kinderliedern sollen unter anderem in evangelischen Krankenhäusern, Kinderkrippen und Familienbildungsstätten an Eltern von Neugeborenen und Kindern unter drei Jahren verschenkt werden. Finanziert wird die Aktion den Angaben zufolge durch Kollektenmittel der EKD. Eine Pilotphase am Friederikenstift sei auf positive Resonanz gestoßen, erläuterte die Leitende Hebamme Reinhild Mikolajewski. Von der Hebamme überreicht sei das Geschenk auch "ein Erinnerungsstück, das die Eltern von der Geburt mitnehmen können".
Bettina Wulff und die "Sockensuchmaschine"
Nikolaus Schneider und Bettina Wulff sind beide begeisterte Vorleser. Am Rande einer Veranstaltung in Hannover sagte Wulff am Montag, sie lese gerade mit ihren Söhnen Leander (7) und Linus (2) "Die Sockensuchmaschine" vom Kinderbuchautor "Knister". Das Buch gehöre dem älteren Sohn, der in die zweite Klasse gehe: "Er liest auch selbst schon seinen Teil daraus vor." Die gemeinsame Lektüre sei ein ebenso wichtiges Ritual wie das Singen. "Vorlesen schafft vor allem ganz viel Nähe zwischen Eltern und Kindern", betonte Wulff. Es sei eine Zeit der ungeteilten Aufmerksamkeit.
"Bei uns zu Hause wird auch gesungen und zwar nicht nur unter der Dusche", berichtete die Frau des Bundespräsidenten. Auch Christian Wulff mache manchmal mit. Dabei stünden bei den Söhnen aktuelle Hits aus dem Radio obenan und Lieder, die der Kleine aus dem Kindergarten mitbringe.
Nikolaus Schneider merkt sich Geschichten bis ins Detail
Der zweifache Opa Nikolaus Schneider hat August (2) zuletzt eine Geschichte vorgelesen, die von Opa und Enkel handelt. "Mein erstes Auto war rot" heißt das Buch von Peter Schössow. "August ist davon hochbegeistert", sagt der EKD-Ratsvorsitzende. Gemeinsam zu schmökern, sei aber auch für ihn selbst eine "wunderbare Erfahrung". Es vermittle ein Gefühl des tiefen Zusammengehörens.
Den Inhalt des Buches über ein rostiges Tretauto, das der Opa dem Enkel schenkt und mit ihm auf Vordermann bringt, kann Schneider bis ins Detail nacherzählen. Das rote Auto wird unter anderem von Wespen gejagt und macht eine Bruchlandung im Bach.