Die Schwüle ist schweißtreibend, ein Weg im Dickicht der Blätter und Äste nicht zu erkennen. Dennoch läuft Motingi mehr durch den Regenwald, als dass er geht. Der Dschungel von Dzanga-Sangha im äußersten Südwesten der Zentralafrikanischen Republik ist die Heimat des knapp 1 Meter 40 großen BaAka-Pygmäen. Unvermittelt zeigt Motingi ins dunkle Grün. "Ebobo." Nur wenige Meter entfernt sitzt ein Gorilla im Busch. Unbeeindruckt schiebt sich das junge Weibchen einen Ast voller Blätter in den Mund, bevor es flink auf den Baum klettert. Dann ist es wieder still.
"Die Gorillas sind unsere große Erfolgsgeschichte", erklärt Bryan Curran, der in Dzanga-Sangha für die Naturschutzstiftung WWF arbeitet. In dem Schutzgebiet mitten im Herzen Afrikas haben Biologen zwei Gruppen von Flachlandgorillas an Menschen gewöhnt. So können Verhaltensforscher sich ihnen besser nähern, ebenso wie Touristen, deren Geld dringend gebraucht wird. "Der Wald wird nur intakt bleiben, wenn er den Bewohnern hier etwas wert ist", so Curran. "Und selbst dann ist es verdammt schwierig."
Die größte Bedrohung ist die Wilderei
Wenn der afrikaerfahrene Biologe vom Wald spricht, dann meint er nicht nur die Bäume. Regenwald kann nur als ganzes Ökosystem überleben. Das Schutzgebiet Dzanga-Sangha gehört zu den letzten ökologisch intakten Primärregenwäldern der Welt. 4.500 Quadratkilometer ist es groß; zählt man die angrenzenden Nationalparks Lobeke in Kamerun und Nouabale-Ndoki in Kongo-Brazzaville dazu, sind es 36.000 Quadratkilometer. Die drei Parks bilden seit 2007 das trinationale Sangha-Schutzgebiet. Auf solche Projekte und die Notwendigkeit des Waldschutzes wollen die UN in diesem Jahr mit dem "Jahr des Waldes" aufmerksam machen.
Die größte Bedrohung für den Park ist Curran zufolge die Jagd. "Hier wird längst wird nicht mehr für den Eigenverbrauch gejagt, sondern für kommerzielle Zwecke." Banden ziehen mit Maschinengewehren durch die Wälder und schießen Antilopen, Bongos und Elefanten nieder, die sie mit Booten und Trucks auf die Märkte in den Städten bringen. Dabei passieren sie problemlos alle Straßensperren, Schmiergelder sind einkalkuliert. "Es geht um ein Riesengeschäft."
Ibrahim, Kneipier in der nächsten Siedlung Bayanga, berichtet, dass der örtliche Polizeichef erst am Morgen in die Hauptstadt Bangui aufgebrochen ist, um dort ein Haus zu kaufen. Woher das Geld stammt, wissen alle im Dorf: Es sind Handgelder von Wilderern, Köhlern und anderen illegalen Geschäftemachern, die den Regenwald zugrunde richten. Ibrahim zuckt mit den Schultern. Das Sägewerk von Bayanga, das vor zwei Jahrzehnten Hunderte Familien nach Bayanga zog, ist geschlossen. Vom Tourismus abgesehen gibt es kaum legale Arbeit in Bayanga.
Ohne ausländische Unterstützung wäre der Nationalpark schon weg
Der zentralafrikanische Staat ist schwach - und chronisch pleite. Polizisten und Wildhüter bekommen oft monatelang kein Gehalt. Die wenigen, die ein geländegängiges Fahrzeug haben, haben kein Benzin. Selbst Uniformen, Macheten oder Walkie-Talkies kann der Staat sich nicht leisten. Ohne jahrelange Förderung der Deutschen Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und die Kooperation mit dem WWF wäre Dzanga-Sangha längst untergegangen. "In diesem Land gibt es schlicht zu viele Probleme", bilanziert WWF-Mann Curran. "Naturschutz wird deshalb nie ganz oben auf der Agenda stehen."
Naturschützer wie Curran setzen im Kongobecken auf internationale Zusammenarbeit, um die Lage zu verbessern. Im grenzübergreifenden Sangha-Schutzgebiet zahlt es sich aus. "Die Verantwortlichen im trinationalen Sangha-Schutzgebiet sprechen sich gut ab, die Kooperation etwa bei Patrouillen ist ziemlich weit gediehen", erläutert Curran. Die zuständigen Nationalparkwächter aus drei Staaten überwachen sich - in einem informellen System sozialer Kontrolle - gegenseitig und spornen sich zu neuen Initiativen an.
Dabei geht es auch darum, wie die Bevölkerung noch mehr vom Regenwald profitieren kann. Denn die gut 300 Arbeitsplätze, die Dzanga-Sangha derzeit bietet, sind lange nicht genug. "Eine nachhaltige Bewirtschaftung durch selektive Abholzung könnte helfen, Arbeit zu schaffen und den Wert des Waldes für die örtliche Bevölkerung zu erhöhen", heißt es in einem Managementplan, den die mittlerweile in die Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) aufgegangene GTZ in Auftrag gegeben hat. Kritiker befürchten allerdings, dass die Öffnung bisher unberührter Teile des Regenwaldes neue Zerstörungen nach sich ziehen könnte.