Guttenberg setzt "Gorch Fock"-Kommandeur ab
Als Konsequenz aus den Vorfällen an Bord der "Gorch Fock" hat Verteidigungsminister Guttenberg Kapitän Schatz des Kommandos enthoben. Die Zukunft des Schulschiffs steht infrage.

Nach den Vorfällen um eine angebliche Meuterei auf der "Gorch Fock" hat Bundesverteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) Konsequenzen gezogen: Er ließ Kapitän Norbert Schatz als Kommandant des Segelschulschiffs absetzen. Entsprechende Berichte der "Bild am Sonntag" und der ARD bestätigte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in Berlin in der Nacht zum Samstag. Außerdem ordnete Guttenberg die sofortige Rückkehr der "Gorch Fock" nach Deutschland an. Die Zukunft des Dreimasters stellte er infrage.

"Ich habe den Inspekteur der Marine angewiesen, den Kommandanten des Schiffes von der Führung des Schiffes zu entbinden", sagte Guttenberg der "Bild am Sonntag". Nach Rückkehr in den Heimathafen Kiel solle das Schiff auch bis auf weiteres nicht mehr auslaufen. Die "Gorch Fock" werde aus der Fahrbereitschaft genommen, "bis eine noch einzusetzende Kommission auch unter Mitwirkung von Abgeordneten des Deutschen Bundestags beurteilt hat, inwieweit die "Gorch Fock" als Ausbildungsschiff und Botschafterin Deutschlands auf den Weltmeeren Zukunft hat", sagte Guttenberg weiter.

Grüne kritisieren Bundeswehrführung: "Kein Mobbing auf See"

Vorangegangen waren Berichte über Verfehlungen an Bord des Schulschiffs: So sollen Mitglieder der Stammbesatzung Kadetten drangsaliert haben. Vier Auszubildenden soll einem Bericht des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus zufolge Meuterei vorgeworfen worden sein. Im November war eine 25-jährige Offiziersanwärterin aus der Takelage in den Tod gestürzt. Gegen vier Kadetten steht der Vorwurf der Meuterei im Raum. Die trauernden Kameraden sollen gedrängt worden sein, wieder in die Masten zu klettern, obwohl sie das nach dem Unglück nicht mehr wollten. Außerdem soll es zu sexuellen Übergriffen gekommen sein.

Nach ARD-Informationen wurde Kapitän Schatz telefonisch über seine Abberufung informiert. Die "Gorch Fock", die derzeit im Hafen von Ushuaia auf Feuerland liegt, werde voraussichtlich am 4. Februar auslaufen und auf direktem Weg nach Kiel zurückkehren. Das Kommando solle dann der Vorgänger von Schatz, Michael Brühn, haben. Brühn sei auch Mitglied der Untersuchungskommission, die am kommenden Donnerstag in Ushuaia an der Südspitze Argentiniens erwartet wird, berichtete das "Nachtmagazin".

Kritik am Führungsstil bei der Bundeswehr kam von den Grünen. "Es ist geradezu verwegen, Offiziersanwärter der Meuterei zu bezichtigen, die sich nach einem tödlichen Unfall um die Sicherheit ihrer Kameradinnen und Kameraden sorgen. Wir brauchen Musterbeispiele für Innere Führung und nicht Mobbing auf See", sagte Grünen-Fraktionschef Jürgen Trittin der "Passauer Neuen Presse" (Samstag).

Der sicherheitspolitische Sprecher der grünen Bundestagsfraktion, Omid Nouripour, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" (Samstag): "Wenn es so sein sollte, dass der Kapitän seine Leute beim ersten Widerspruch mit dem Vorwurf der Meuterei konfrontiert hat, dann ist das ein Führungsstil, der nicht in eine moderne Marine des 21. Jahrhunderts passt."

Ermittlungen sind noch im Gange

Nach Informationen des "Hamburger Abendblatts" (Samstag) befinden sich weiterhin Segel-Anfänger an Bord der "Gorch Fock". Die Marine habe bestätigt, dass die 70 Offiziersanwärter, die beim Unfall der jungen Kadettin an Bord waren, durch 60 Soldaten ersetzt wurden. Viele von ihnen hätten erst im Oktober ihren Grundwehrdienst in Parow in Mecklenburg-Vorpommern angetreten. Der Wehrbeauftragte Königshaus reagierte überrascht auf den Vorgang. Er wolle prüfen, inwieweit die Ausbildung und Vorbereitung dieser jungen Soldaten für den Einsatz auf der "Gorch Fock" ausreichten, sagte er dem Blatt.

Unterdessen kritisierten CSU-Politiker den Wehrbeauftragten Königshaus. Der FDP-Politiker hatte die angebliche Meuterei auf dem Schiff öffentlich gemacht. "Es ist wichtig, dass Probleme nicht unter den Teppich gekehrt werden. Aber es wird schwierig, wenn man Spekulationen Raum gibt, noch bevor alle Tatsachen ermittelt sind", sagte CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich den "Lübecker Nachrichten" (Samstag).

Ähnlich äußerte sich der Parlamentarische Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Christian Schmidt (CSU): "Weder der Wehrbeauftragte noch das Verteidigungsministerium sind berechtigt, aus laufenden staatsanwaltlichen Ermittlungen Informationen zu veröffentlichen. Auch der Wehrbeauftragte hat eine Fürsorgepflicht gegenüber den Soldatinnen und Soldaten", sagte er dem "Hamburger Abendblatt".

Nach ZDF-Informationen haben die bisherigen Ermittlungen zu den Vorfällen auf der "Gorch Fock" keine Hinweise auf Fehlverhalten im Fall der verunglückten Kadettin ergeben. Der Kieler Oberstaatsanwalt Bernd Winterfeldt sagte dem ZDF-Hauptstadtstudio, die junge Frau sei nach bisherigem Stand der Ermittlungen keine Soldatin, die Druck benötigte, in die Takelage zu klettern. Das Gegenteil sei der Fall, so der Oberstaatsanwalt zum ZDF: "Sie war eine hochmotivierte Offiziersanwärterin und eine erfahrene Marinesoldatin."

dpa