Die SPD erhöht den Druck: Fraktionschef Frank-Walter Steinmeier drohte offen mit einem Scheitern des Vermittlungsverfahrens. "Unsere Ansage ist klar: Wenn sich nichts bewegt, müssen wir ablehnen", sagte er in einem Interview mit der "Berliner Zeitung" (Freitagausgabe). Steinmeier nannte die Verhandlungen mit der schwarz-gelben Koalition, die sich "untereinander nicht einig" sei, "sehr schwierig". Die SPD wolle konkret etwas für die Menschen verbessern und sich nicht mit Überschriften begnügen.
Steinmeier lehnte es ab, Prioritäten innerhalb der zahlreichen SPD-Forderungen zu nennen: "Das Gesamtpaket muss stimmen." Er machte jedoch klar, dass seine Partei beim Mindestlohn ein "Entgegenkommen in der Substanz" verlange. Das Angebot der FDP, den Grundsatz der gleichen Bezahlung von Leiharbeitern und Stammbeschäftigten nach zwölf Monaten vorzuschreiben, nannte er unzureichend: "Die Regierungsparteien wissen genau, dass gerade einmal die Hälfte der Leiharbeiter länger als drei Monate in einem Betrieb ist."
Außerdem müsse sich die Regierung bei den "Leistungen" für Hartz-IV-Empfänger bewegen, forderte Steinmeier. Er beharrte aber nicht ausdrücklich auf einer Anhebung der Regelsätze für die Langzeitarbeitslosen. Die Regierung plant eine Anhebung um 5 Euro auf 364 Euro und ein Bildungspaket für bedürftige Kinder. Der Opposition reicht das nicht aus.
Streit über Einzelthemen: Bürgermeister und Übungsleiter
Das vom Arbeitsministerium vorgelegte Hartz-IV-Gesetz sieht dem Zeitungsbericht zufolge vor, sogenannte Übungsleiter und Bürgermeister, die von Hartz IV leben müssen, schlechter zu stellen: Bislang dürfen Langzeitarbeitslose, die etwa als Vereinstrainer tätig sind, monatlich bis zu 175 Euro von ihrem Honorar behalten. Das entspricht genau dem steuerlichen Freibetrag von 2.100 Euro, den normale Steuerzahler als Übungsleiter pro Jahr nutzen können. Vorgesehen ist nun, solche Entschädigungen als Einkommen zu behandeln. Dem Trainer, der Hartz IV bezieht, verblieben so nur noch 115 Euro monatlich.
Bei den Hartz-IV-Bürgermeistern würden in Zukunft diejenigen schlechter wegkommen, die für ihr Ehrenamt geringere Ausgaben als den halben Regelsatz belegen können. Die Opposition will dies bei den Hartz-IV-Verhandlungen wieder ändern.
Städte wollen Sonderregelung für Bürgermeister
Diese Pläne "sind mit uns nicht zu machen", sagte Manuela Schwesig, stellvertretende SPD-Vorsitzende und Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern der "Süddeutschen Zeitung" (Freitagsausgabe). Wer sich für die Gesellschaft engagiere, dürfe nicht "auch noch bestraft werden".
Der Deutsche Städte- und Gemeindebund sprach sich dafür aus, die Aufwandsentschädigung für Bürgermeister überhaupt nicht mehr auf Hartz IV anzurechnen. "Wir brauchen hier eine Sonderregelung", sagte Uwe Lübking, Sozialexperte des Verbandes, der Zeitung.
Union und FDP sind im Bundesrat auf die Stimmen von Ländern angewiesen, in denen SPD und Grüne mitregieren, um ihr Gesetzespaket durchzubekommen. Wie viele Gemeindechefs Hartz IV bekommen, ist nicht bekannt. Die Hartz-IV-Bürgermeister gelten aber als ostdeutsche Besonderheit, weil dort die Arbeitslosigkeit besonders hoch ist. 2011 ist von der EU-Kommission zum Jahr des Ehrenamts ausgerufen worden.