Guttenberg nach Bundeswehr-Vorfällen in der Kritik
Die Bundeswehr musste in den vergangenen Tagen gleich drei Schlagzeilen wegstecken: Eine angebliche Befehlsverweigerung auf dem Schulschiff "Gorch Fock", die fahrlässige Tötung eines Soldaten und die Öffnung der Feldpostbriefe von Soldaten im Auslandseinsatz. Verteidigungsminister Guttenberg gerät in die Kritik.

Guttenberg bezeichnete Vorwürfe als "Unsinn", sein Ministerium habe im Fall des in Nordafghanistan getöteten Soldaten wie auch über die Vorgänge auf der "Gorch Fock" nicht die volle Wahrheit gesagt. Auch ein generelles Versagen der Streitkräfte-Führung sieht der Verteidigungsminister nicht: "Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, so hätten wir es aller Wahrscheinlichkeit nach mit individuellem Fehlverhalten zu tun", sagte der CSU-Politiker der "Süddeutschen Zeitung" (Freitag). Von eventuellen Einzelverfehlungen auf den größten Teil der Bundeswehr zu schließen, "wäre völlig ungerechtfertigt".

Die Opposition schoss scharf gegen den Verteidigungsminister. Der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag Jürgen Trittin sagte, Guttenberg müsse sich im Fall des in Afghanistan erschossenen Soldaten nachsagen lassen, sein Ministerium unterrichte den Bundestag objektiv falsch, sagte Trittin der "Berliner Zeitung" (Freitag).

Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses, Susanne Kastner (SPD), übte ebenfalls scharfe Kritik an der Informationspolitik des Verteidigungsministeriums. "Das Ministerium hat den Verteidigungsausschuss nicht nur falsch informiert, sondern verschleppt, und verschweigt immer wieder Informationen", sagte sie dem Blatt. Seit den Vorfällen in Afghanistan und dem Tod auf dem Segelschulschiff "Gorch Fock" hätte schon viel Aufklärungsarbeit geleistet werden können, ergänzte die SPD-Politikerin.

Auch CDU-Abgeordnete beklagen sich über mangelnde Information

Im Afghanistan-Vorfall beklagten sich neben den Grünen auch Abgeordnete der CDU im Verteidigungsausschuss des Parlaments über eine mangelhafte Informationspolitik des Ministeriums, wie die "Stuttgarter Zeitung" (Freitag) berichtet. Die Staatsanwaltschaft in Gera versucht derzeit die wahren Umstände des Todes zu klären und ermittelt wegen fahrlässiger Tötung. Nach einem internen Bundeswehrbericht, aus dem die "Bild"-Zeitung (Freitag) zitiert, starb der Hauptgefreite, weil ein Kamerad mit seiner Dienstpistole gespielt haben soll.

Wie die "Stuttgarter Zeitung" weiter berichtet, widersprechen Mitglieder des Verteidigungsausschusses der Darstellung des Ministeriums, sie seien am 21. und am 27. Dezember über die wahren Umstände des Todes informiert worden. "Wir haben bis zum vorgestrigen Mittwoch nur die Information gehabt, ein Soldat sei durch einen Schuss verletzt worden und bei der Notoperation verstorben", zitierte die Zeitung Aussagen aus dem Ausschuss.

Nach den Informationen soll bereits am 27. Dezember ein Untersuchungsbericht der deutschen Militärpolizei vorgelegen haben. Verteidigungsstaatssekretär Thomas Kossendey habe noch am Mittwoch die Frage verneint, dass es einen solchen Bericht gebe, heißt es weiter aus dem Ausschuss. Nach dpa-Informationen kommen die Ermittler darin zu dem Schluss, dass es sich "mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit" um einen Unfall handelte.

Königshaus wirft Frage nach Führungsversagen auf

Nach den jüngsten Vorfällen warf der Bundeswehrbeauftragte Hellmut Königshaus (FDP) die Frage über mögliches Führungsversagen auf. "Es muss überprüft werden, ob die Führung versagt hat", sagte Königshaus in der "Passauer Neuen Presse" (Freitagsausgabe) und verlangte, dass die beteiligten Vorgesetzten angehört werden. Welche Informationen Guttenberg und der militärischen Führung wann vorgelegen haben, "das muss jetzt untersucht werden", sagte der FDP-Politiker.

Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, sieht ebenso wie Guttenberg "kein Führungsproblem in der Bundeswehr". Er sagte dem "Kölner Stadt-Anzeiger" (Freitag- Ausgabe): "Es gibt Probleme mit dem Führungsverhalten in Teilbereichen." Er habe auch "nicht das Gefühl, dass etwas vertuscht wird".

"Gorch Fock": Marine ermittelt

In der Affäre um die "Gorch Fock" sind nun Ermittler der Marine am Zug. Der Dreimaster liegt seit Donnerstagabend im argentinischen Hafen Ushuaia, wo die Besatzung auf die Ermittler wartet. Guttenberg sicherte "rückhaltlose Aufklärung" zu. Nach Angaben eines Marine-Sprechers habe es aber keine Meuterei gegeben. "Der Begriff ist völlig falsch und überzogen", sagte Fregattenkapitän Achim Winkler am Donnerstagabend der Deutschen Presse-Agentur dpa in Ushuaia.

Der Begriff der Meuterei sei belegt und bedeute, dass die ganze Besatzung auf die Barrikaden gehe. Dies sei auch nach dem tödlichen Unfall an Bord des Dreimeisters im November in Bahia (Brasilien) nicht der Fall gewesen. "Dies wird aber jetzt Gegenstand der Untersuchungen, und deshalb kann ich dazu weiter nichts sagen."

Eine 25-jährige Offiziersanwärterin war auf der "Gorch Fock" im vergangenen November aus der Takelage in den Tod gestürzt. Gegen vier Kadetten steht der Vorwurf der Meuterei im Raum. Die trauernden Kameraden sollen gedrängt worden sein, wieder in die Masten zu klettern, obwohl sie das nach dem Unglück nicht mehr wollten. Nach dem Tod der Frau hatten Besatzungsmitglieder Vorgesetzten Versagen vorgeworfen. Zudem sei das Vertrauen zwischen der Stammmannschaft und den Offiziersanwärtern gestört gewesen. Die Ermittler müssen Vorwürfen nachgehen, die Stammbesatzung habe Offiziersanwärter bedroht und sexuell belästigt.

dpa