Zu der Feier im Speyerer Kaiserdom lädt die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) ein. In ihr sind 17 Mitgliedskirchen zusammengeschlossen, die die große Mehrheit der rund 50 Millionen in Deutschland lebenden Christen vertreten. Liturgisch geleitet wird der Gottesdienst, der am Sonntag um 16 Uhr beginnt, vom katholischen Bischof Karl-Heinz Wiesemann, dem evangelischen pfälzischen Kirchenpräsidenten Christian Schad, Generalsekretärin Regina Claas von den freikirchlichen Gemeinden sowie dem griechisch-orthodoxen Erzpriester Radu Constantin Miron.
Den Entwurf des Gottesdienstes sowie für die Abende der Gebetswoche haben palästinensische Christen aus Jerusalem erarbeitet. Die Heilige Stadt erinnert die Gläubigen an die Zeit, als die Kirche noch eine Einheit war. Diese Einheit sei nicht bloß ein abstraktes Konzept, sagt der Generalsekretär des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK), Olav Fykse Tveit. Es gehe um einen "Ruf nach Erneuerung, eine Rückkehr zu den unverzichtbaren Bestandteilen des Glaubens". Der norwegische Lutheraner erinnert zugleich an die "Verzweiflung und das Leiden" in den Palästinensergebieten und Israel.
Motto aus der Apostelgeschichte
Die Gebetswoche startete bereits am Dienstag und dauert eine Woche. Sie soll nach dem Willen der Veranstalter ein sichtbarer Ausdruck der weltweiten ökumenischen Verbundenheit sein. Das Motto "Zusammen glauben, feiern, beten" ist der Apostelgeschichte (Apg 2,42) entnommen. "In der Gebetswoche wird erkennbar, dass die Kirchen jenseits aller Unterschiede eine spirituelle Mitte haben, die im gemeinsamen Beten und gottesdienstlichen Feiern erlebt wird." Seit 1968 erarbeiten ÖRK und der vatikanische Einheitsrat gemeinsam die jährlichen Themen und Texte.
Kirchenpräsident Schad (Foto: epd-bild / Norbert Neetz) verweist neben der Bibel und dem Vaterunser auf die Taufe als einigendes Band der Christen. Das Sakrament wird von allen Kirchen anerkannt. Auch das gegenwärtige "Jahr der Taufe" der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) lasse sich nur ökumenisch begehen, so Schad im Gespräch mit evangelisch.de. Was wünscht er sich für die Ökumene? Dass man nicht mehr von "meiner und deiner Kirche" spreche, sondern von "unserer Kirche". Und dass das gemeinsame Gebet zu einer Besinnung auf die geistlichen Wurzeln der Ökumene führt.
Wann aber kommt die Einheit der Christen? Sie ist ein Gottesgeschenk, unterstreicht Schad. "Der heilige Geist lässt sich nicht terminieren." Das weiß auch Papst Benedikt XVI., der am Mittwoch zu einem "noch großzügigeren Einsatz aller" aufrief, um die Hindernisse auf dem Weg zu einer sichtbaren Einheit zu überwinden. Die Geschichte der Ökumene sei durch "Schwierigkeiten und Unsicherheiten", aber auch durch Brüderlichkeit und Zusammenarbeit geprägt, so das katholische Kirchenoberhaupt. Der ökumenische Weg müsse weitergehen.
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Besonders bedauerte der Papst das fehlende gemeinsame Abendmahl aller Christen. Auch dies müsse ein Ansporn für verstärkte Bemühungen sein. Protestanten dürfen an der katholischen Eucharistie nicht teilnehmen; zurzeit gibt es Überlegungen, dies zumindest in Ausnahmefällen zuzulassen, etwa bei konfessionsverbindenden Ehepaaren. Bei dem Speyerer Gottesdienst wird, wie schon beim 2. Ökumenischen Kirchentag in München, eine Artoklasie gefeiert. Die Zeremonie nach orthodoxem Ritus zeige einen Weg, "Brot in Hoffnung zu teilen", freut sich Pastor Karl-Martin Unrath, freikirchlicher ACK-Referent.
Neben der Liturgie und dem Bekenntnis des Glaubens stellt das Christentum stets auch den Dienst am Nächsten in den Vordergrund. In der Ökumene ist dies ein besonderes Anliegen. Regelmäßig wird bei der Gebetswoche für die Einheit der Christen eine "ökumenische Kollekte" gesammelt, mit der verschiedene diakonische und soziale Hilfsprojekte in der ganzen Welt gefördert werden. Der Erlös der diesjährigen Veranstaltungen ist für die Hospizarbeit in Tiflis, die Integration von Behinderten im Irak und für ein Projekt gegen Gewalt und Aids in Südafrika bestimmt.
Lutheraner treffen den Papst
Die Einheit der Christen ist auch Thema bei den Gesprächen einer Delegation der Vereinigten Evangelisch-Lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD) Anfang nächster Woche in Rom. In Privataudienz treffen die lutherischen Spitzenvertreter dabei auch mit Benedikt XVI. zusammen. Zudem nehmen sie am Dienstag an der traditionellen Vesper zum Abschluss der Gebetswoche in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern teil. Mit von der Partie ist der Braunschweiger Landesbischof Friedrich Weber – er ist zugleich Vorsitzender der ACK, der übrigens neben Katholiken und Protestanten auch Anglikaner, Orthodoxe und viele weitere christliche Denominationen angehören.
Bernd Buchner ist Redakteur bei evangelisch.de und zuständig für das Ressort Kirche + Religion.