China und die USA: Lächeln für Milliardendeals
Trotz massiver Konflikte betonen Barack Obama und Chinas Staatschef Hu Jintao den Willen zur Gemeinsamkeit. Ausdrücklich begrüßt Obama den Aufstieg Chinas. Und am Rande des Hu-Besuchs in Washington wurden Milliarden-Deals geschlossen.

Demonstrative Gemeinsamkeit trotz Konflikten: US-Präsident Barack Obama und der chinesische Staatschef Hu Jinato betonen ihren Willen zur Zusammenarbeit. Nach einem Treffen mit Hu am Mittwoch in Washington begrüßte Obama auf einer gemeinsamen Pressekonferenz ausdrücklich Chinas "friedlichen" Aufstieg zu einer Großmacht. Gegensätze vor allem in der Frage der nach US-Ansicht unterbewerteten chinesischen Währung wurden nicht ausgeräumt, Obama sieht trotz Bewegung auf der Pekinger Seite ein andauerndes "Problem". Aber die US-Wirtschaft konnte sich schon im Vorfeld des ersten Staatsbesuchs eines chinesischen Führers seit 13 Jahren lukrative Deals sichern.

Beide Präsidenten hatten nach eigenen Angaben auch ein "offenes" Gespräch über die Menschenrechte. Obama bekräftigte die US-Position, dass die Menschenrechte "universell" seien. Hu, der am Mittwoch auch mit amerikanischen Top-Unternehmenschefs zusammenkam, pflichtete bei, machte aber keine Zugeständnisse. Er räumte jedoch ein, dass in seinem Land auf diesem Gebiet noch viel zu tun sei.

China sei ein Entwicklungsland mit einer großen Bevölkerung und befinde sich in einem "entscheidenden Stadium der Reform", sagte der chinesische Staats- und Parteichef. "In diesem Zusammenhang ist China nach wie vor vor mit vielen Herausforderungen in Sachen Wirtschaft und sozialer Entwicklung konfrontiert, und eine Menge muss noch in China getan werden, was die Menschenrechte betrifft."

China sichert amerikanische Arbeitsplätze

Gleich zu Beginn des viertägigen Besuchs gab es einen Paukenschlag: Das Reich der Mitte will für 19 Milliarden Dollar (14,2 Milliarden Euro) 200 Flugzeuge vom US-Hersteller Boeing kaufen. Insgesamt wurden nach Angaben des Weißen Hauses bereits vor dem Besuch 70 Abkommen mit US-Firmen unter Dach und Fach gebracht. Alles in allem gehe es um zusätzliche Exporte im Wert von 45 Milliarden Dollar (33,6 Milliarden Euro). Schätzungsweise 235.000 Jobs hingen insgesamt daran - eine wichtige innenpolitische Botschaft angesichts der hartnäckigen Misere auf dem US-Arbeitsmarkt.

Die USA strebten in ihrem Verhältnis zu China im 21. Jahrhundert sowohl eine engere Zusammenarbeit, zugleich aber auch einen "gesunden Wettbewerb" an, sagte Obama. China sei einer der wichtigsten Märkte für US-Unternehmen. Zugleich müssten amerikanische Firmen aber gleiche Chancen in der Volksrepublik vorfinden. Die chinesische Währung sei nach wie vor unterbewertet, kritisierte Obama.

Die Staatschefs sprachen unter anderem auch über das iranische Atomprogramm und die Spannungen zwischen Nord- und Südkorea. Sie vereinbarten verstärkte Zusammenarbeit bei der Nichtweiterverbreitung von Atomwaffen und wollen auch gemeinsam auf Stabilität auf der koreanischen Halbinsel hinwirken.

Der Gast aus der Volksrepublik war am Morgen mit 21 Salutschüssen auf dem Rasen des Weißen Hauses empfangen worden. Hu schritt anschließend eine Ehrenformation ab und schüttelte Hände von Zaungästen. Unmittelbar danach begann eine erste Runde der Gespräche Obama, anschließend stießen auch amerikanische Wirtschaftsführer dazu, darunter Microsoft-Chef Steve Ballmer und Goldman-Sachs-Vorstand Lloyd Blankfein. Am Abend stand ein feierliches Staatsbankett im Weißen Haus an.

Annäherung durch die USA, Provokation durch China

Hu betonte bereits bei der Ankunft, das Verhältnis der USA zu China sei zu einer Beziehung "von strategischer Bedeutung und globalem Einfluss gewachsen". Es gebe gemeinsame Interessen und gemeinsame Verantwortung. Er sprach von einem neuen Kapitel der Zusammenarbeit. "Lasst uns die Chance ergreifen und Hand in Hand voranschreiten..."

Dabei hat es selten in letzter Zeit einen Besuch in Washington gegeben, bei dem so viel Streit und Konflikte anstehen. Annäherung und guter Wille auf der einen Seite, eiskaltes Machtkalkül und Provokation auf der anderen Seite: Ausgerechnet an diesem Mittwoch berichtet das "Wall Street Journal", dass China zwei Milliarden Dollar in einer nordkoreanischen Industriezone investieren wolle, was in klarem Gegensatz zur US-Politik steht, die den Diktator in Pjöngjang zu isolieren versucht.

Schon vor ein paar Tagen hatte Hu eine verbale Breitseite gegen Washington abgefeuert, als er öffentlich verkündete, die Ära des Dollars als weltweite Leitwährung nähere sich dem Ende.

Richtiger Staatsempfang mit Symbolcharakter

Vor allem Obama steht unter Druck: Selbst wohlwollende Kommentatoren werfen ihm vor, bisher gegenüber China zu weich und zu nachgiebig gewesen zu sein. "Über lange Zeit waren wir uns nicht klar, ob Präsident Obama eine China-Strategie hatte", ätzt selbst die "New York Times". Das Blatt spricht von übersteigertem Selbstbewusstsein Pekings, dem die Noch-Weltmacht-Nummer-Eins klare Worte entgegensetzen solle.

Für Hu dagegen hat der Besuch ganz andere Bedeutung. Zwar entspricht die chinesische Wirtschaftskraft nach wie vor lediglich einem Drittel der amerikanischen, noch immer gilt China als Entwicklungsland, doch Peking besteht immer stärker darauf, den USA auf gleicher Augenhöhe zu begegnen. Der Pomp und die Ehrerbietung in Washington ist für Hu nicht nur bloßes Beiwerk. Die 21 Salutschüsse und das Staatsbankett haben für ihn Symbolcharakter: Noch vor fünf Jahren hatte George W. Bush dem Gast aus Peking solche Ehre rundheraus verweigert - damals wurde Hu noch mit einem Mittagessen im Weißen Haus abgespeist.

dpa