Umarmtag: Vom "Gorilla-Hug" bis zum Allzweck-Umarmer
Jahrestage gibt es in den USA viele, doch einer klingt besonders schön: Am Freitag ist National Hugging Day. Ein Pastor fordert seit 25 Jahren die Menschen auf, sich zu umarmen. Doch das Umschlingen hat feste Regeln.
20.01.2011
Von Chris Melzer

Wie es geht, steht schon im Markus-Evangelium: "Und sie brachten Kinder zu ihm, damit er sie anrühre. ... Und er herzte sie und legte die Hände auf sie". Jesus hat Menschen umarmt, praktisch jeder tut es - sogar Tiere. Doch nur in den USA gibt es einen Nationalen Umarmtag. Den "National Hugging Day", der Name ist geschützt, gibt es am Freitag, 21. Januar, seit 25 Jahren - und längst ist aus dem nationalen ein internationaler Umarmtag geworden.

Frankfurt - eine Umarmerhochburg

"Ich fand einfach, dass es in vielen Familien zu unpersönlich zugeht", sagt Kevin Zaborney. Den Pastor aus dem Städtchen Caro in Michigan, tief in der amerikanischen Provinz, störte schon in den Achtzigern, dass in vielen Familien kaum noch miteinander geredet wird. Seine Mutter machte ihn mit den Thesen eines italienischen Psychologen vertraut, der im Umarmen eine besonders gefühlvolle Geste erkannt haben wollte. "Ich kannte einen Verleger und der hat für 1986 zum ersten Mal den National Hugging Day in seine Kalender drucken lassen. Und von da an ging alles ganz schnell."

Millionen Menschen machen mittlerweile mit. Wildfremde Menschen fallen sich in die Arme, herzen, drücken, tätscheln sich. "Weltknuddeltag - Kramens Dag - Nacional Dia del Abrazo" steht auf Zaborneys Website und der Pastor erzählt von vielen deutschen Freunden, die mitmachen. Frankfurt sei eine Umarmerhochburg, sagt der 46-Jährige.

Zaborney hat längst Nachahmer gefunden, die sogar populärer geworden sind als er selbst. Ein Australier zum Beispiel gründete eine Free Hugs Campaign und machte sie mittels Internet weltweit populär. Auf der ganzen Welt sah man plötzlich Menschen in den Fußgängerzonen stehen, die auf Schildern "Free Hugs" feilboten. Wer wollte, blieb stehen, umarmte den Fremden kurz und ging weiter. Die nächste Stufe waren dann "Kuschelpartys", bei der wildfremde Menschen auf Matratzen stundenlang miteinander kuschelten - ganz ohne Sex und Erotik, lautet eine Regel.

Nach einer Umarmung ist der Mensch gesünder

Das ist Zaborney schon alles zu viel. Ihm ging es ja gerade um die Umarmung von Menschen, die sich schon kennen. "Ich wollte Familien und enge Freunde dazu bringen, die Zuneigung auch mal zu zeigen. Und Ärzte sagen mir, dass das gut ist: Nach einer Umarmung ist der Mensch gesünder, weil sich Stress legt und die Atmung und der Blutdruck besser werden."

Dass sein Umarmtag eine Massenveranstaltung geworden ist, ist dem Pastor aber ganz recht. Stolz erzählt er, dass sich an manchen Schulen die Kinder vorgenommen haben, jeden Tag 50 Menschen zu umarmen. Auf seiner Website werden auch die Umarmvarianten erklärt, vom "Gorilla Hug" ("festhalten und "uh uh" sagen wie ein Affe") über den Komplettumarmer ("Ein Guter für Gemütlichkeit und Ermutigung"), den Allzweckumarmer" ("kurz, aber ernst gemeint zur Begrüßung oder zum Abschied") bis zum "Cyber Hug" - einfach eine E-Mail mit dem Namen des Adressaten in fünf Klammern, etwa (((((Kevin))))). Der Männer-Umarmer schließt übrigens ein kurzes Klopfen ein, und zwar "oberhalb der Taille, aber nirgendwo sonst!"

"Natürlich gibt es auch viele Leute, die das Umarmen ungesund, oder einfach doof finden", sagt Zaborney. Deshalb rate er ja, nicht rumzurennen und wahllos Leute zu umarmen. "Und man sollte sich auch nicht gegenseitig ins Gesicht atmen." Doch er ist selbst vom "Hugging" überzeugt. "Seit 25 Jahren sehen wir, dass es den Leuten danach besser geht." Und wer immer noch mäkeln will, kann ja bis zum 26. Dezember warten. Dann ist "Nationaler Weinertag".

dpa