Eine schwangere Ministerin fährt auch mal nach Afghanistan
Kristina Schröder (33, CDU) ist die erste schwangere Bundesministerin. Woanders ist das nicht so außergewöhnlich: In Frankreich und Spanien gehören Regierungsmitglieder, die ein Kind erwarten, fast schon zum Alltag.
19.01.2011
Von Martina Zimmermann und Hans-Günter Kellner

Ob die Forderung von Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) nach flexibleren Arbeitszeiten auch für ihr Amt gilt, wird sich noch zeigen. Vielleicht nimmt ihr Mann und Parlamentarischer Staatssekretär des Inneren, Ole Schröder (CDU), auch Vätermonate, wenn es soweit ist. Auf jeden Fall ist die 33-Jährige die erste deutsche Bundesministerin, die während ihrer Amtszeit schwanger ist und ein Kind bekommt. "Wir werden dann vor den gleichen Herausforderungen stehen wie viele andere Paare in Deutschland", sagte die CDU-Politikern der "Bild"-Zeitung. Dabei könnte sie sich an ihren Kolleginnen in Frankreich und Spanien orientieren.

Erst Kaiserschnitt, dann Kabinettssitzung

In Frankreich gehören schwangere Frauen an der Macht langsam zum Alltag. 1992 gebar Ségolène Royal ihr viertes Kind, ihre Tochter Flora, fast vor laufenden Kameras. Royal war damals Umweltministerin und wie Kristina Schröder die erste Ministerin, die ein Kind während ihres Mandats zur Welt brachte. Noch vom Krankenhausbett aus führte sie ihr Baby Fernsehkameras und Fotografen vor. Sie sorgte für die Titelstory im Sensationsmagazin "Paris Match" sowie für den Aufmacher in den Fernsehnachrichten. Die Publicity für die Geburt führte danach zu einer Debatte über die Trennung von Privatleben und Mandat.

Anders war da die Geburt der kleinen Zorah am 2. Januar 2009 in einer schicken Privatklinik des 16. Pariser Arrondissements. Sie wurde als "privates Ereignis" verkündet und mit mehr Diskretion behandelt. Keine Fotos vom Baby, aber die Mutter, Justizministerin Rachida Dati, nahm wenige Tage nach dem Kaiserschnitt schon wieder am Ministerrat im Elysée teil. Die Powerfrau wurde dafür von Frauenorganisationen kritisiert, schließlich verzichtete sie auf den Geburtsurlaub von bis zu 13 Wochen.

Zwei weitere sozialistische Ministerinnen waren während ihres Amtes schwanger: Die Sozialistin Frédérique Calandra wurde 2008 gleichzeitig "maire", Bürgermeisterin des 20. Pariser Arrondissements, und "mère", Mutter eines Jungen. Hochschwanger empfing sie damals die alten Veteranen zum Nationalfeiertag.

Hochschwanger zum Truppenbesuch

Hochschwanger besuchte auch die spanische Verteidigungsministerin Carme Chacón im April 2008 die Truppen ihres Landes in Afghanistan. Kritiker hatten ihre Ernennung nur wenige Tage zuvor heftig kritisiert. Eine Verteidigungsministerin müsse doch die Truppen im Ausland besuchen. Das hatten sie einer im siebten Monat schwangeren Frau nicht zugetraut.

Doch Chacón reiste gerade am Anfang ihrer Amtszeit viel - und wurde zeitweise zum beliebtesten Mitglied im sonst eher von einem langanhaltenden Stimmungstief geplagten sozialistischen Kabinett. Von ihrer Schwangerschaft wollte die 39-Jährige nie großes Aufheben machen. Von ihrem Mutterschaftsurlaub nahm sie nur 42 Tage nach der Entbindung in Anspruch. Den Rest übernahm ihr Mann, Miguel Barroso, der als Museumsdirektor arbeitet.

Gleich nach ihrer Rückkehr wechselte Chacón vier Generäle aus und verteidigte den Rückzug der spanischen Truppen aus dem von Madrid nicht als unabhängigen Staat anerkannten Kosovo gegen die Proteste der Nato-Verbündeten. Außerdem verlangte sie von den spanischen Fischereiunternehmen, sich an der Finanzierung ihres Schutzes gegen die Piraterie im Indischen Ozean zu beteiligen. Schließlich verdienten sie dort ja auch Geld. Bei alle dem zeigte sie immer ein wenig mehr Disziplin und Entschlossenheit, als so mancher ihrer Amtsvorgänger.

epd