Wenn sie zu Besuch kommt, stapelt sich das dreckige Geschirr und oft auch die getragene Unterwäsche. Justyna ist Putzfrau und sorgt dafür, dass vom Schlafzimmer bis zur Küche wieder alles blitzblank ist. Was sie dabei sieht, würde so manchem wohl die Schamesröte ins Gesicht treiben. Die Polin hat ein Buch darüber geschrieben.
Benutzte Tampons, Essensreste, toter Hamster
Unter dem Pseudonym Justyna Polanska hat sie "Unter deutschen Betten - Eine polnische Putzfrau packt aus" (Knaur) veröffentlicht. Der Vorname stimmt, sagt die Autorin, "Polanska" sei aber frei erfunden. Ihren vollen Namen soll niemand erfahren, denn Justyna putzt schwarz. Seit elf Jahren.
Nach einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln (IW) sind in der Bundesrepublik 95 Prozent aller Haushaltshilfen schwarz beschäftigt. Sie arbeiten illegal in rund vier Millionen Wohnungen und Häusern. Dabei könnten sich ihre Arbeitgeber nicht selten auch eine angemeldete Putzfrau leisten. Unter Justynas Kunden sind Manager, Richter oder Anwälte.
Glaubt man der 31-Jährigen, scheint es einigen eher an Schamgefühl als an Geld zu mangeln. Benutzte Tampons, Essensreste und sogar einen toten Hamster - Justyna hat das alles schon unter den Betten ihrer wohlhabenden Arbeitgeber entdeckt. Ihr Buch erinnert vom Prinzip her an den Bestseller aus Frankreich, in dem eine Supermarktkassiererin über ihre Erlebnisse berichtet und der Gesellschaft den Spiegel vorhält.
"Der äußere Schein trügt oft", sagt Justyna, die nach dem Abitur als Au-pair-Mädchen von Polen nach Deutschland kam. "Ich habe das Bild gehabt, die Deutschen sind sauber und ordentlich." Das sei aber nicht immer der Fall. "Viele haben dicke Autos vor der Tür stehen, aber drinnen sieht es aus wie ein Saustall", berichtet Justyna. "Bei manchen Kunden finde ich getragene Unterhosen unter dem Tisch. Ist denen das nicht peinlich?"
150 Milliarden Euro Schaden durch Schwarzarbeit
Ein schlechtes Gewissen, Schwarzarbeiter zu beschäftigen, haben zumindest 80 Prozent der Arbeitgeber nicht, wie aus der IW-Studie hervorgeht. "Viele sind der Auffassung, dass der Staat sich in Privathaushalte nicht einmischen sollte", berichtet IW-Professor Dominik H. Enste. Dabei entstehe durch Schwarzarbeit jährlich ein Schaden von bis zu 150 Milliarden Euro. Er geht davon aus, dass allein in Berlin rund 200.000 Haushaltshilfen nicht angemeldet sind.
Justyna findet das nicht schlimm. Sie will weiter schwarz putzen. Bei einer 40-Stunden-Woche verdient sie 1.500 bis 2.000 Euro im Monat. "Ich mache mir keinen Kopf über irgendwelche Abrechnungen." Ihre Arbeitgeber machen ihr das Leben allerdings nicht immer leicht. "Viele ziehen sich vor mir aus", sagt die junge Frau, die mit einem Italiener verheiratet ist und in Hessen lebt. Wenn Justyna eine Suchanzeige für eine Putzstelle aufgebe, riefen Männer an und böten ihr Geld für Oralsex. "Warum machen die das bei mir?", fragt Justyna. Manche dächten: "Die ist Putzfrau, die kommt aus Polen, die macht für 30 Euro alles."
"Die Putzfrau guckt hinter die Fassade"
Tatsächlich suchten Polinnen in Deutschland vor allem Arbeit. "Ich habe dort keine Zukunft für mich gesehen", sagt Justyna über ihr Heimatland. Auch ihre Mutter und ihre Schwester seien ihr gefolgt und hätten in Deutschland als Putzfrau angeheuert. In Polen würde sich dieselbe Arbeit nicht lohnen - der Stundenlohn sei viel zu gering.
Ob sie schon immer Putzfrau werden wollte? Diese Frage hört Justyna oft - und ärgert sich jedes Mal. Natürlich habe sie andere Träume gehabt. Sie wollte als Visagistin arbeiten oder studieren. Vorerst möchte sie aber weiter schrubben gehen. "Vielleicht ist es kein Traumjob", sagt sie, "aber ich verdiene gutes Geld." Außerdem mache ihr der Job Spaß. "Niemand hat die Möglichkeit, das zu sehen, was ich sehe", erklärt Justyna. "Die Putzfrau guckt hinter die Fassade."