Charismatische Bewegungen entdecken Afrika
Der Boom charismatischer Kirchen in Afrika, die mehr auf geistliche Erweckung als auf Liturgie und Bibelauslegung setzen, beunruhigt die evangelischen Landeskirchen. Lutheraner gerieten zunehmend zu einer Minderheit, sagte Wilfried Neusel vom Evangelischen Entwicklungsdienst (EED) bei einer Afrika-Tagung in der Hamburger Missionsakademie.

Anders als in Europa wächst in Afrika die Zahl der Christen. Die Struktur der afrikanischen Kirchen sei mittlerweile nicht mehr zu durchblicken, beklagte Martin Keiper, Referent des Evangelischen Missionswerkes (EMW), und Mitveranstalter der Tagung. Es gebe sowohl die importierte Mission der zahlreichen US-Prediger als auch Missionsbewegungen von unten.

Christliche Mission als Geschäftsidee

Mancher begabte Prediger habe die christliche Mission auch als Geschäftsidee entdeckt. Viel Geld komme aus evangelikalen Kreisen der USA. Kennzeichen sind Massenveranstaltungen, die dem Bedürfnis nach lebendiger Musik und spirituellem Gefühl nachkommen. Bis Sonntag diskutieren in Hamburg rund 50 Missionsexperten aus Deutschland, Ghana, Tansania, Kenia und Äthiopien.

Problematisch für die deutschen Partnerkirchen sei die schwache Struktur dieser Kirchen, sagte Owe Boersma, Afrika-Referent im EMW. Es gebe häufig Abspaltungen und Neugründungen und oft sei unklar, wer für die Kirche spricht. Das erschwere langfristige Partnerschaften. Die traditionellen Kirchen in Afrika würden den Charismatikern teils mit brüsker Ablehnung, teils mit Neugier und Interesse begegnen.

Zunehmender Glaube an Geister und Dämonen

Problematisch ist für Neusel der zunehmende Glaube an Geister und Dämonen. Auch sei es problematisch, wenn Wohlstand allein als Folge des eigenen Glaubens erklärt werde. Er warnte jedoch davor, Charismatiker pauschal zu verurteilen. Gegen einen Lebensstil, der Alkohol ablehne, Bordellbesuche missbillige und die Familien stärke, sei nichts einzuwenden.

Auch könnten Charismatiker zum Teil die alten Stammesgrenzen überwinden und die Stellung der Frau stärken. Manche Charismatiker setzten sich aktiv für politische Verbesserungen ein, andere grenzten sich dagegen klar gegen derart weltliche Fragen ab.

epd