Tunesiens Präsident kündigt Zugeständnisse an
Nach wochenlangen Protesten gegen Arbeits- und Perspektivlosigkeit und den schweren Unruhen der vergangenen Tage hat Tunesiens Präsident Ben Ali Zugeständnisse angekündigt. Auch das Blutvergießen will er stoppen.

Angesichts der blutigen Unruhen in Tunesien hat Staatschef Zine el Abidine Ben Ali die Sicherheitskräfte zu Zurückhaltung aufgerufen. Er habe das Innenministerium angewiesen, auf "ungerechtfertigte Waffengewalt" zu verzichten, sagte der Präsident am Donnerstagabend in einer Fernsehansprache.

Zugleich kündigte er Preissenkungen für Grundnahrungsmittel und die Aufhebung der Internetzensur an. Der 74-Jährige deutete außerdem an, bei der Präsidentschaftswahl 2014 nicht mehr zu kandidieren. Er habe nicht die Absicht, die in der Verfassung des Landes festgelegte Altersgrenze von 75 Jahren heraufzusetzen, sagte Ben Ali.

Menschenrechtler: 66 Tote

Die Proteste, die sich ursprünglich gegen die hohe Arbeitslosigkeit richteten, zielen immer mehr auf das Regime Ben Alis, der das Land seit 23 Jahren autoritär regiert. Nach Angaben von Menschenrechtlern kamen bisher mindestens 66 Menschen ums Leben.

Am Donnerstag war nach Berichten französischer Medien mit dem 60 Kilometer südlich von Tunis gelegenen Badeort Hammamet erstmals auch ein touristisches Zentrum von den Unruhen betroffen. Mehrere Läden seien geplündert und eine Polizeistation zerstört worden, berichtete der Sender Europe1. Hotels seien aber nicht angegriffen worden, hieß es weiter.

Auswärtiges Amt rät von Reisen nach Tunesien ab

Wegen der Unruhen hat das Auswärtige Amt in Berlin von Reisen in das nordafrikanische Touristenland abgeraten. Reiseveranstalter schätzen, dass sich etwa 10.000 Urlauber in Tunesien aufhalten.

Bislang waren tunesische Urlaubsorte von den Unruhen verschont geblieben. Reiseveranstalter bieten dennoch kostenlose Umbuchungen an. Marktführer Tui und der Thomas-Cook-Konzern mit der Hauptmarke Neckermann Reisen erklärten, das dies zunächst für alle Anreisen bis einschließlich 24. Januar gelte. Nach Ansicht von Experten können Tunesien-Urlauber ihre Reise wegen der aktuellen Lage auch kostenlos stornieren. Der Veranstalter müsse den Reisepreis dann erstatten.

Die von der Staatsführung verhängte nächtliche Ausgangssperre hat bislang nur wenig Wirkung gezeigt. In Tunis lieferten sich am Donnerstag erneut Polizei und etwa 300 Demonstranten Straßenschlachten.

Die EU drängt Tunesien zu Reformen. Dies sei angesichts der Unruhen das Hauptziel des Dialoges mit dem Land, sagte eine Sprecherin der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton in Brüssel. Die EU unterstütze alle Initiativen, die eine demokratische Öffnung Tunesiens sowie den Respekt der Grundrechte förderten.                                             

dpa