Gorski: "Bibel sagt nichts über homosexuelle Partnerschaften"
Die Kritik von acht evangelischen Altbischöfen an der liberalen Haltung ihrer Kirche gegenüber homosexuellen Pfarrern stößt bei Protestanten weitgehend auf Unverständnis. Homosexuelle Partnerschaften seien "nicht bibelwidrig", wie die Kritiker behaupten, sagte der frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Manfred Kock, der "Frankfurter Rundschau" (Freitagsausgabe).

Die Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) reagierte gelassen auf den Appell der Altbischöfe, keine gleichgeschlechtlichen Partnerschaften im Pfarrhaus zu dulden. Die "pensionierten alten Herren" verschlössen sich der heutigen Lebenswirklichkeit, sagte HuK-Sprecher Pfarrer Alfred Menzel (Bielefeld) am Donnerstag dem epd.

Der Hamburger Propst Horst Gorski kritisierte die Altbischöfe scharf. "Sie missverstehen die Bibel, die nichts über homosexuelle Partnerschaften sagt", erklärte er der Berliner "tageszeitung" (Freitagsausgabe). Damit leugneten die Altbischöfe den allgemein anerkannten theologischen Erkenntnisstand. Der offen homosexuell lebende Theologe hatte vor drei Jahren für das Bischofsamt für Schleswig und Holstein kandidiert, war aber nicht gewählt worden.

In ihrem Brief an die Landessynoden fordern die Altbischöfe diese auf, einem Zusatz des neuen Pfarrdienstgesetzes der EKD nicht zuzustimmen. Der Beschluss war auf der EKD-Synode im November einstimmig gefasst worden. Die "Begründung" zu dem entsprechenden Paragrafen lasse die Möglichkeit der Ordination und Anstellung von Pfarrern zu, die in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften leben, heißt es in dem Brief.

Manfred Kock: "...nicht heimlich im Bahnhofsviertel"

Wie die einzelnen Landeskirchen den Paragrafen anwenden, liege in deren Entscheidung, sagte EKD-Sprecher Reinhard Mawick. Die "Nuancen in der Beurteilung" seien unterschiedlich. "Es gibt Differenzen und das Gesetz berücksichtigt dies." Mawick betonte, entscheidend sei, dass der Pfarrer oder die Pfarrerin "mit der Gemeinde vor Ort klarkommt".

Homosexualität gehöre "zu den Ausprägungen menschlicher Geschlechtlichkeit", sagte Kock. Die Kirche müsse alles tun, dass sie lebbar sei - "und zwar nicht verschwiemelt und heimlich im Bahnhofsviertel, sondern offen und verantwortlich". Er warf den Autoren vor, sie erweckten den Eindruck, "Homosexuelle seien Menschen zweiter Klasse". Kock war Ratsvorsitzender der EKD von 1997 bis 2003 und zudem Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland.

"Die Kirche muss homosexuellen Menschen raten, bindungslos zu bleiben", hatte der Sprecher der Reformgegner, Altbischof Ulrich Wilckens (Lübeck), der "Zeit"-Beilage "Christ & Welt" gesagt. Die Altbischöfe sehen in der Öffnung des Pfarramtes für Homosexuelle zudem eine Belastung der ökumenischen Beziehungen, besonders zur katholischen und orthodoxen Kirche. Dieses Argument wies HuK-Sprecher Menzel zurück. Wenn die evangelische Kirche sich immer nur nach der katholischen und orthodoxen richten würde, gäbe es auch keine Frauen im Pfarramt.

Altbischof Wilckens: "bindungslos bleiben"

Propst Gorski riet unterdes von einem erneuten Versuch, in Deutschland einen homosexuellen Bischof zu wählen, ab. Die Zeit sei noch nicht reif dafür, sagte er der "taz" und mahnte zur Vorsicht: "Wenn es einen homosexuellen Bischof in Deutschland gäbe, könnte es zu einer Spaltung des lutherischen Weltbundes kommen." Doch sollte es "irgendwann" einen homosexuellen lutherischen Bischof oder eine lesbische Bischöfin geben. Er selbst würde allerdings nicht mehr kandidieren.

Die Zulassung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften in Pfarrhäusern wird in den 22 evangelischen deutschen Landeskirchen seit längerem unterschiedlich geregelt. Oft gibt es Einzelfallentscheidungen. In der Mehrzahl ist das Zusammenleben von Pfarrern oder Pfarrerinnen mit ihren gleichgeschlechtlichen Partnern grundsätzlich möglich.

Die Unterzeichner des Briefes sind neben Wilckens die Altbischöfe Eduard Berger (Pommern), Heinrich Hermanns und Jürgen Johannesdotter (beide Schaumburg-Lippe), Werner Leich (Thüringen), Gerhard Maier und Theo Sorg (beide Württemberg) sowie Gerhard Müller (Braunschweig).

epd