Homo-Ehe im Pfarrhaus: Je nach Landeskirche Ja oder Nein
Lesbische Pfarrerinnen und schwule Pfarrer haben in den Landeskirchen in Deutschland höchst unterschiedliche Möglichkeiten: In Bayern und Mitteldeutschland dürfen sie nun offiziell mit Partnerin oder Partner im Pfarrhaus wohnen, in Hessen-Nassau gilt das schon seit Jahren. Andere Landeskirchen tun sich schwer mit dem Thema.
13.01.2011
Von Anne Kampf

Die Diskussion um den Umgang mit homosexuellen Pfarrern schwelt seit langem. Die wenigsten Synoden konnten sich bisher zu eindeutigen Vorgaben im Dienstrecht durchringen, in vielen Landeskirchen gilt, dass der Kirchenvorstand im Einzelfall entscheiden soll. Weil die EKD jetzt einen Vorschlag für ein einheitliches Dienstrecht vorgelegt hat, ist die Diskussion wieder entbrannt.

"Unfassbar" für Oberkirchenrat Joachim Schmidt, Pressesprecher der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). "Wir waren Anfang der Neunziger die erste Kirche, die das geklärt hat", erzählt er. Schmidt macht eine simple Rechnung auf: "Wenn fünf bis sechs Prozent der Menschen homosexuell sind, gilt das bei uns für 100 Pfarrerinnen und Pfarrer." In hessisch-nassauischen Pfarrhäusern wohnen längst lesbische und schwule Paare, und zwar laut Schmidt "in den allermeisten Fällen völlig problemlos" - bis auf einen Fall im Dillkreis, einem pietistischen geprägten Ausläufer des Gebietes der EKHN.

Entscheidung liegt meistens bei den Presbyterien

Ähnlich ist die Situation in der Evangelischen Kirche im Rheinland (EKiR). Zwar gibt es noch kein eindeutiges Dienstrecht in Bezug auf homosexuelle Paare im Pfarrhaus, so dass die Entscheidung bei den Presbyterien liegt. "Aber es scheint zu gehen", beobachtet Pressesprecher Jens Peter Iven. Er betont allerdings: "Die große Freiheit der Kirchenvorstände bedeutet, dass sie auch anderer Meinung sein können."

Im Prinzip gilt dieser Vorbehalt der Kirchenvorstände in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers (EVLKA) ebenfalls, doch formuliert Pressesprecher Johannes Neukirch eine Stellungnahme zur aktuellen Diskussion umgekehrt und damit positiv für die Betroffenen: "Homosexuelle Pastorinnen und Pastoren können in der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers mit ihren Partnern oder Partnerinnen im Pfarrhaus zusammenleben. Bedingung dafür ist, dass die Paare in eingetragener Lebensgemeinschaft leben. Außerdem müssen Kirchenvorstand, Superintendent/in und Landessuperintendent/in sowie das Landeskirchenamt einmütig zustimmen."

In der Evangelischen Kirche von Westfalen (EKvW) gab es in den vergangenen Jahren immer wieder heftige Diskussionen über Homosexualität im Allgemeinen. Schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen haben besonders in den pietistischen Regionen einen schweren Stand. In einem Positionspapier aus dem Jahr 1996 schreibt die Synode zwar: "Presbyterien (…) sollen bei Personalentscheidungen (…) Pfarrerinnen und Pfarrer wegen ihrer Homosexualität nicht benachteiligen", doch verbindlich ist diese Vorgabe nicht. Pressesprecher Andreas Duderstedt beschreibt die Situation so: "Die Synode hat bisher der Tatsache Rechnung getragen, dass es zwei Linien in unserer Kirche gibt." Das Dienstrecht im Sinne der EKD-Vorlage zu ändern, ist zurzeit nicht geplant. Das Thema spiele momentan auch keine Rolle in der EKvW, sagt Duderstedt.

Diskussionen in Württemberg

Anders in der Evangelischen Landeskirche Württemberg: "Das ist ein heißes Eisen", sagt Oberkirchenrat Dan Peter zum Thema homosexuelle Pfarrer. "Wir möchten es im Moment gar nicht thematisieren". Dass die Basis es aber doch thematisieren will, belegen etliche Briefe, die im Landeskirchenamt eingehen, und auf die Peter antwortet: "Im Grundsatz ist ein Zusammenleben von homosexuellen Paaren im Pfarrhaus in unserer württembergischen Landeskirche nicht möglich. Bei sehr wenigen Ausnahmen ist nach sorgfältiger Prüfung mit dem Besetzungsgremium vor Ort geklärt worden, ob besondere Umstände in der Gemeinde mitgetragen werden können. Dieser Grundsatz hat sich in den vergangenen Jahren bewährt." Damit leben und wirken lesbische Pfarrerinnen und schwule Pfarrer in Württemberg in einem rechtsfreien Raum; eine Regelung, die ihnen mehr Sicherheit verschaffen würde, ist nicht vorgesehen.

In der Nordelbischen Evangelisch-Lutherischen Kirche (NEK) gab es 1996 in der Synode eine vehemente Auseinandersetzung um das Thema, vier Jahre später erschien eine Stellungnahme zum Pfarrerdienstgesetz der EKD. Darin heißt es: "Die Ehe wird christlich verstanden als Abbild der Liebe Gottes, wie sie sich in der Verbundenheit Christi mit der Gemeinde erschließt. Dieser Abbildcharakter ist Grundlage und Maßstab auch des Lebens in eheähnlichen Lebensformen. Vor diesem Hintergrund behält einerseits die Ehe ihre besondere Bedeutung und werden andererseits eheähnliche Lebensformen gleichwohl geachtet." In der Praxis gilt auch hier: Wenn Kirchenvorstand und Propst zustimmen, darf ein homosexuelles Paar ins Pfarrhaus einziehen.


Anne Kampf ist Redakteurin bei evangelisch.de und zuständig für die Ressorts Politik und Gesellschaft.