Er sei zuversichtlich, dass das Bundeswehrkontingent Ende des Jahres erstmals reduziert werden könne, sagte Westerwelle am Mittwoch im ZDF-Morgenmagazin. Das gelte aber nur, "soweit es die Lage erlaubt". Das Bundeskabinett hat am Vormittag die Verlängerung des Bundeswehreinsatzes in Afghanistan um ein weiteres Jahr beschlossen, am 28. Januar soll der Bundestag über die Mandatsverlängerung abstimmen. Die SPD hat bereits Zustimmung signalisiert.
Soldaten sehen Abzugs-Debatte skeptisch
Westerwelle betonte, der Zeitplan sei international abgestimmt. "Der entscheidende Punkt ist: Wenn wir keinen Plan machen, wie die Zukunft in Afghanistan weitergehen soll, dann entsteht nicht die Disziplin, auch nicht der Druck zum Beispiel auf die afghanische Regierung, um alles zu tun, damit die Lage dann auch da ist", sagte der Außenminister. "Wir wollen ja nicht länger in Afghanistan bleiben mit Kampftruppen als unbedingt notwendig - und wir wollen auch nicht länger in Afghanistan bleiben als unsere Verbündeten." Einen Konflikt mit Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg (CSU) gebe es "an dieser Stelle" nicht, betonte Westerwelle.
Der Vorsitzende des Deutschen Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, warf der Bundesregierung vor, falsche Erwartungen zu wecken. Die Bundeswehrsoldaten verfolgten die Debatte um einen Abzug mit großer Skepsis. "Die Soldaten glauben ohnehin nicht an diese Daten und den Zeitplan", sagte Kirsch der "Passauer Neuen Presse" (Mittwoch). "Natürlich muss man Perspektiven aufzeigen. Aber hier werden aus wahltaktischen Gründen falsche Erwartungen geweckt. Da machen sich die Einsatzkräfte keine Illusionen."
Zum Besuch von Westerwelle in Kundus sagte Kirsch, die Soldaten hätten sich sehr gefreut. "Wir hätten uns allerdings gewünscht, dass er die Dinge beim Namen nennt und gesagt hätte, dass die Soldaten dort im Kriegszustand sind. (...) Völkerrechtliche Spitzfindigkeiten und Rumeierei helfen uns nicht weiter."
Rekordkosten bei Verlängerung des Afghanistaneinsatzes
In der Kabinettsvorlage zur Verlängerung des Mandats mache die Regierung klar, dass die "Übergabedividende" in Afghanistan "reinvestiert" werden solle, schreibt "Spiegel online". Konkret: Wenn deutsche Truppen bei der Übergabe einzelner Landesteile an die afghanischen Sicherheitskräfte frei werden, sollen sie in andere Gebiete des Bundeswehr-Regionalkommandos verlegt werden. Die Einsatzkosten bleiben laut "Spiegel online" dabei mit knapp 1,5 Milliarden Euro auf Rekordniveau. Die Obergrenze von 5.350 Soldaten bleibt unverändert.
Vom Afghanistan-Budget entfallen 1,06 Milliarden Euro auf die Bundeswehr im Mandatszeitraum von Anfang 2011 bis Ende Januar 2012. Dazu kommen laut "Spiegel online" 2011 und 2012 jeweils 430 Millionen Euro für den Wiederaufbau. Die Bundesregierung spreche nicht vom Kampf gegen die Taliban oder von Waffengattungen, sondern rede von "Ausbildungs- und Ausrüstungsunterstützung". Allerdings können Ausbilder bisher afghanische Truppen in Kampfeinsätze begleiten.