TV-Tipp des Tages: "Tatort: In eigener Sache“ (ZDF)
Drei Drogenfahnder sind mitten in einen großen Deal geplatzt: 500.000 Euro und 4,5 Kilo Rauschgift sollten den Besitzer wechseln. Als sich die Rauschschwaden verziehen, liegen vier Leichen in dem Hotelzimmer.
11.01.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Tatort: In eigener Sache“, 14. Januar, 22.30 Uhr im Ersten

Drei Filme, sagt die Faustregel, dauert es, bis ein "Tatort“-Team etabliert ist: Dann hat das Publikum die neuen Ermittler akzeptiert; oder auch nicht. Bis dahin sollte aber auch eine innere Stabilität entstanden sein: Die Darsteller müssen ihre Figuren verinnerlicht und sich aneinander gewöhnt haben. Und, genauso wichtig: Autor, Regisseur und Schauspieler schaffen mit den ersten drei Geschichten eine Basis, auf der die späteren Episoden aufbauen. Das 2008 eingeführte neue "Tatort“-Team aus Stuttgart hat sein Klassenziel viel früher erreicht: Spätestens mit den letzten Bildern dieses zweiten Falls, wenn sich die Hauptkommissare Lannert (Richy Müller) und Bootz (Sebastian Klare), die Hände reichen, war das Duo endgültig in der renommierten Reihe angekommen.

Das hatte natürlich mehrere Gründe, aber eine Entscheidung war in jedem Fall goldrichtig: Autor Holger Karsten Schmidt und Regisseur Elmar Fischer konnten nahtlos an die Qualität ihres Premierenfilms anknüpfen. Wirkte die Einführung der neuen Ermittler noch betont tempo- und actionreich, als wolle man sich mit Nachdruck von der einstigen Bienzle-Behäbigkeit distanzieren, so ist "In eigener Sache“ ungleich besonnener inszeniert. Das ist naturgemäß auch eine Frage des Themas: Es geht um den Unterschied zwischen Recht und Gerechtigkeit.

Zunächst aber liegen die Dinge ganz anders. Drei Drogenfahnder sind mitten in einen großen Deal geplatzt: 500.000 Euro und 4,5 Kilo Rauschgift sollten den Besitzer wechseln. Als sich die Rauschschwaden verziehen, liegen vier Leichen in dem Hotelzimmer. Einer der Toten entpuppt sich allerdings als verdeckter Ermittler. Der Mann hatte ein Aufnahmegerät dabei, und nur deshalb werden Lannert und Bootz überhaupt stutzig: Die Aufnahme endet mit den Klängen von Smetanas Moldau, dann ist das Kabel offenbar zerschnitten worden. Prompt stehen die überlebenden Beamten unter Verdacht: Lannert vermutet, sie wollten sich bereichern und mussten angesichts des toten Kollegen umdisponieren. Bootz ist empört: Er kennt beide schon lange und ist mit einem von ihnen eng befreundet. Am Ende hatten beide den richtigern Riecher, aber völlig anders, als sie glauben.

Integration durch Konfrontation: Geschickt vertieft Schmidt die ohnehin offenkundigen Spannungen zwischen den beiden Ermittlern durch Bootz’ persönliche Betroffenheit. Pluspunkte sammelt der zurückhaltende Lannert, als eines Morgens vor Dienstbeginn eine junge Frau (Birthe Wolter) aus seinem Auto steigt. Eigentlich ist es bloß die Nachbarin, die den Bus verpasst hat, aber die Kollegen ziehen ihn trotzdem auf; und tatsächlich liegen sie gar nicht so falsch. Auch wenn Krimipuristen die Ausflüge ins Privatleben der Kommissare überflüssig finden: Nachbarin Lona tut nicht nur dem Film, sondern auch Lannert gut; und natürlich Richy Müller, der diese Szenen sympathisch selbstironisch, aber auch mit viel Gefühl spielt.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).