Am Cap Manuel an der Küste des Senegals liegen felsige Meeresbuchten, das Blau des Himmels strahlt über dem blauen Meer. Haidar El Ali sitzt an der Bar des Umweltzentrums "Océanium", trinkt einen Kaffee und genießt den Blick. Der 57-Jährige ist seit 1984 Direktor des Zentrums und gilt vielen als bekanntester Umweltschützer Afrikas. "Ich sah, wie der Mensch die Unterwasserwelt beschädigt, ich sah Verschmutzung und Zerstörung, Massen von toten Fischen im Meer", sagt der Sohn libanesischer Einwanderer. "Es hat mich empört, wie die raffgierigen Menschen den schönen Ozean angriffen."
Seit mehr als 25 Jahren engagiert er sich für einen nachhaltigen Umgang mit natürlichen Ressourcen und gegen Fischereiverträge mit ausländischen Trawlern. Er erreichte die Einrichtung von Wasserschutzgebieten und schuf Strukturen für Ökotourismus. Die Pariser Tageszeitung "Le Monde" bezeichnet ihn als einen der 100 einflussreichsten Umweltschützer der Welt. Besonders am Herzen liegen ihm die Mangrovenwälder an Meeresküsten und Flussmündungen. Mit Filmprojektoren, Plakaten und T-Shirts zieht der Umweltschützer durch die Dörfer. In der Casamence im Süden Senegals brachte er Männer, Frauen und Kinder dazu, in 43 Tagen mehr als sechs Millionen Mangroventriebe auf 1.200 Hektar zu pflanzen.
Im Salzwasser Wurzeln schlagen
Mangroven wachsen dort, wo die Bedingungen für gewöhnliche Bäume tödlich sind: Sie schlagen sogar im Salzwasser Wurzeln, unter sengender Sonne, dem Wechsel der Gezeiten ausgesetzt. Diese Ökosysteme im Wasser haben ein Kronendach, auf dem Vögeln nisten und in dem sich Boas zusammenrollen. Darunter befindet sich die Gezeitenzone, die regelmäßig überspült wird: Hier klammern sich Muscheln, Seepocken und Austern an. Taucht man im Mangrovensaum, sieht man Algen, Schwämme und Seeanemonen, die Stelzwurzeln einhüllen: Nahrung für Langusten und Garnelen. Wie glitzernde Wolken schweben Schwärme von winzigen Fischen vorbei. Mangroven bilden Lebensräume für Hunderte von Arten.
Die Hälfte der Mangroven ist in Senegal verschwunden, weil der Boden zu viel Salz oder Säure enthält - die Auswirkungen von Verschmutzung und Raubbau. Weltweit sind in den vergangenen 20 Jahren weit mehr als ein Drittel der Mangrovenwälder vernichtet worden. Die Mangrovensümpfe schwinden noch schneller als die Regenwälder. Joal ist einer von mehr als 100 Orten, an denen Haidar El Ali mit Senegalesen Mangroven pflanzte. Das Meer vor dieser 120 Kilometer von Dakar entfernten Stadt ist seit 2004 Wasserschutzgebiet.
"Sehen Sie, es wächst wieder was!"
Der Fischer Abdou Karim Sall, der eng mit Haidar zusammenarbeitet, führt zu dem Meeresarm, in dem die Mangrovenbäume nach einem Brückenbau ab den 1970er Jahren abstarben, weil kein Wasser mehr floss. Eine dicke Schweinemutter spaziert mit ihren Ferkeln an einem Pferdekarren vorbei. Ein Hahn kräht, während Männer im Schatten unter einem blühenden Baum beim Würfelspiel diskutieren. "Sehen Sie, es wächst wieder was!" ruft Joseph Dior, 59. "Hier war absolut nichts mehr! Nun wird es wieder wie früher werden, überall grün." Fast 250 Einwohner machten bei der Pflanzaktion in Joal mit.
Nach drei Jahren sind die Bäume je nach Boden zwischen 80 Zentimeter und fünf Meter hoch. Haidar und seine Umweltschützer haben in Senegal insgesamt 62 Millionen Mangrovenbäume in 523 Dörfern gepflanzt, mit finanzieller Hilfe von Umweltschutzorganisationen wie dem WWF und Sponsoren wie Danone. Staatliche Hilfe lehnt Haidar nicht ab, aber er traut den herrschenden Politikern nicht. Der Umweltaktivist klagt Staat und Regierung in Senegal an: "Unsere Politiker sind nur an Macht und Geld interessiert." Aber auch der Westen als Hauptverursacher der Ökokatastrophen kriegt sein Fett ab: "Afrika ist nicht die Müllhalde der Welt".
Er will 100 Millionen Bäume pflanzen
Der 1953 im Nordwesten Senegals geborene Haidar spricht mehrere senegalesische Landessprachen und mit einem rollendem Akzent Französisch. Er ist klein, grauhaarig und immer in Bewegung. "Ich bin ein Mann der Aktion. Ich gehe dahin wo der Wald brennt", sagt der Vater von fünf Kindern. Als am 26. September 2002 vor der senegalesischen Küste ein Fährboot mit 2.000 Menschen an Bord kippte, war Haidar am nächsten Tag mit seinen Tauchern als einer der ersten vor Ort. Sie bargen 368 Leichen. Der senegalesische Rundfunk wählte ihn daraufhin zum "Mann des Jahres".
Sein Ziel ist es, so schnell wie möglich 100 Millionen Bäume zu pflanzen. "Ich betrachte mich erst als einen Grünen, dann als Weißen, weil ich aus dem Libanon stamme und weißhäutig bin und außerdem als Schwarzen, weil ich in einem schwarzen Land lebe", sagt er. "Ein weißer Grüner bei den Schwarzen."