"Ein Schild für mich": Offiziersanwärterin lässt sich taufen
Es ist heutzutage ein eher ungewöhnlicher Schritt: Die Erwachsenentaufe. Eine Offiziersanwärterin der Bundeswehr hat ihn gewagt. Mit 21 Jahren ließ sie sich taufen. "Es gibt Gott in meinem Leben", sagt sie, und hat sich ih als Schutz und Schild gewählt.
10.01.2011
Von Sandra Zeidler

Es ist dunkel auf dem Gelände der Bundeswehrhochschule Neubiberg bei München. Nur wenige Soldaten sind hier unterwegs, sie wollen schnell auf die Stube oder zum Sport. In der kleinen Militärkirche brennt noch Licht. Junge Männer in Anzügen, Frauen in schicken Kleidern sitzen erwartungsvoll in den Bänken. Eine festliche Gemeinde. In der ersten Reihe sitzt eine junge Frau ganz in weiß: Caroline Wegener trägt ihr Taufkleid mit Stolz und mit Freude. Es ist ihr Abend. Heute wird die 21-jährige Soldatin getauft.

"Ihre Taufe soll ein Fest sein. Alle sind wegen Ihnen hier", sagt Pfarrerin Barbara Hepp bei der Begrüßung. Caroline Wegener dreht sich um und lacht in die Runde. In der evangelischen Gemeinde der Universität der Bundeswehr hat sie einen Glaubenskurs gemacht und dann entschieden, sich taufen zu lassen. "Ich wollte mich öffentlich bekennen. Ich schäme mich meines Glaubens nicht", strahlt die junge Frau in bester paulinischer Tradition.

Macht Gott sich lächerlich, wenn er stirbt?

Wenn sie erzählt, sprudelt es nur so aus ihr heraus. Von ihrer Kindheit in Leipzig, wo ihr Vater nichts mit der Kirche zu tun haben wollte. Von der Jugendweihe. Von den ersten Kontakten mit der Theatergruppe der evangelischen Jugend. Den positiven Erfahrungen mit der christlichen Gemeinde an der Unikirche Neubiberg.

"Es gibt Gott in meinem Leben - das wusste ich so nicht", stellt sie fast ungläubig fest. Jetzt ist sie ein wenig nachdenklich geworden. Aber nur kurz. Dann sprudelt es weiter. "Ich hatte so viele Fragen: Wie kann eine Jungfrau ein Kind bekommen? Wie kann Gott sterben? Macht er sich damit nicht lächerlich?" Unbefangen und neugierig geht sie auf alles zu.

Die junge Gemeinde an der Unikirche der Bundeswehrhochschule hat Caroline Wegener herzlich aufgenommen. Mit all ihren Fragen. Seit Beginn ihres Studiums der Staats- und Sozialwissenschaften im Jahr 2008 teilt sie die Stube mit Claudia Neben. Die hat sie mitgenommen zum Mittwochsgebet, zur Taizé-Andacht, mit ihr hat sie den Glaubenskurs gemacht, den die evangelische Gemeinde an der Unikirche organisiert hat. "Wir wollten einfach die Grundlagen vermitteln", erzählt Claudia Neben.

Nächtelang die Bibel gewälzt

Einige Antworten hat ihre Freundin Caroline dort gefunden: bei der Jungfrau handele es sich wohl um eine junge Frau; allein die Sache mit der Dreieinigkeit bleibt rätselhaft. Aber in der evangelischen Kirche sei es ja wohl so, dass man nicht alles glauben müsse sondern selbst fragen solle, meint die junge Soldatin. Und die evangelische Freiheit gefällt ihr: "Ich bin völlig frei, auch hier in der Gemeinde. Es wird nicht erwartet, dass ich jetzt gleich ein fertiger Christ bin", lacht sie. Die beiden Soldatinnen sind Freundinnen geworden und heute ist Claudia die Taufpatin von Caroline.

"Normalerweise haben ja nur Kinder einen Paten. Aber wieso sollte ein erwachsener Mensch nicht auch jemand haben, mit dem er über Glaubensfragen reden kann?", sagt die Patin. Sie hat ihrem "Patenkind" eine Taufkerze gebastelt. Darauf ein Schiff, denn Caroline Wegener ist bei der Marine und wird in diesem Jahr ihre Ausbildung als Leutnant zur See abschließen.

Die beiden Soldatinnen stehen am Taufbecken, das mit frischem Efeu geschmückt ist. Caroline beugt sich ein wenig und die Pfarrerin gießt ihr drei Mal Wasser über den Kopf. Die Gemeinde ist ganz still. Caroline strahlt über ihr Mädchengesicht. Wie jeder Täufling hat auch sie einen Taufspruch. Nächtelang hat sie mit einem Freund - einem Atheisten, wie sie betont - die Bibel gewälzt.

"Du, Herr, bist der Schild für mich"

Die Pfarrerin hat sie gefragt, wie denn ihr Gottesbild sei. "Es sollte von einem gnädigen Gott die Rede sein und es sollte etwas mit meinem Beruf zu tun haben", sagt Caroline Wegener. Und so wurde es ein Psalm: "Aber du, Herr, bist der Schild für mich, du bist meine Ehre und hebst mein Haupt empor". "Als Soldatin müssen Sie Schild sein für sich und für andere. Gut, dass hier in dem Bibelwort davon die Rede ist, dass Gott für uns Menschen ein Schild sein will und wir nicht alles allein machen müssen", sagt Pfarrerin Hepp in der Predigt.

Die Offiziersanwärterin ist sich bewusst, dass sie eines Tages vielleicht in einem Kriegsgebiet eingesetzt werden kann. Es ist ihr klar, dass ihr Beruf gefährlich ist. "Als Frau kann man ein halbes Jahr auf Probe bei der Bundeswehr sein", sagt sie. "Ich habe gewusst, dass ich das machen will." Sie will Schild und Schutz sein für andere und sie will sich beschützt wissen durch Gott, durch ihren Glauben.

epd