Spitzentreffen zu Dioxin-Skandal
Zur Beratung über die Konsequenzen aus dem Dioxin-Skandal trifft sich Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner (CSU) heute (Montag) mit Spitzenvertretern der Agrarbranche.
10.01.2011
Von Sandra Trauner

Als Konsequenz aus dem Dioxin-Skandal will Bundesagrarministerin Ilse Aigner (CSU) die Sicherheit in der Futtermittelkette erhöhen. Man müsse "klären, ob bestimmte Betriebe, die Futtermittelrohstoffe liefern, einer verschärften Zulassungspflicht unterworfen werden müssen", sagte sie der "Süddeutschen Zeitung" (Montag).

"Es muss geklärt werden, wo Lücken sind"

Aigner trifft sich am Montag in Berlin mit Spitzenvertretern der Agrarbranche zum Krisengespräch. Bei dem Treffen mit Vertretern der Futtermittelbranche, der Landwirtschaftsverbände und führenden Verbraucherschützern dürfte auch die Forderung der Bauern nach einem von der Futtermittelbranche gespeisten Hilfsfonds auf der Tagesordnung stehen.

"Ich will Informationen aus erster Hand", sagte die Ministerin der Zeitung. Die Futtermittelwirtschaft müsse nicht nur "aktiv zur Aufklärung der Geschehnisse beitragen, sondern konkrete Vorschläge auf den Tisch legen, wie sich solche Fälle in Zukunft vermeiden lassen". Diese Vorschläge werde sie kritisch prüfen. Aigner: "Es muss geklärt werden, wo Lücken sind."

Aigner steht dem Hilfsfonds-Vorstoß der Bauern reserviert gegenüber - das Ministerium verweist auf eine Haftpflicht der Branche, falls verunreinigtes Futter in Umlauf gerät. Die konkreteste Forderung Aigners war bisher, künftig die Herstellung von technischen Fetten etwa für die Papierverarbeitung und von Futterfetten auf dem gleichen Gelände zu untersagen.

In Niedersachsen sollen wegen des Dioxin-Skandals alle Unternehmen überprüft werden, die Zusatzstoffe für die Herstellung von Tierfutter liefern, berichtet das Bielefelder "Westfalen-Blatt" (Montag). "Wir wollen sichergehen, dass es nicht weitere Fälle gibt, in denen preisgünstige technische Mischfettsäure zu teurem Futterfett verarbeitet worden ist", sagte der Sprecher des niedersächsischen Landwirtschaftsministeriums, Gert Hahne, der Zeitung.

SPD für Lebensmittel-Warnplattform

Angesichts Millionen verunsicherter Verbraucher fordert die SPD-Bundestagsfraktion als Konsequenz aus dem Dioxin- Skandal eine bundesweite Warnplattform für Lebensmittel. Dies geht aus einem Eckpunktepapier hervor, das 15 Forderungen umfasst.

Unter www.lebensmittelwarnung.de sollten sich Verbraucher über betroffene Lebensmittel informieren können, heißt es. Im aktuellen Dioxin-Fall um verunreinigtes Tierfutter stellen einzelne Landesministerien zwar Informationen zum Beispiel über betroffene Ei-Chargen ins Netz, es gibt aber bisher keine zentrale Plattform.

Zudem fordert die SPD-Fraktion, den Informantenschutz in der Lebensmittelbranche zu verbessern - etwa wenn Mitarbeiter die Behörden über Panschereien bei der Tierfutterproduktion informieren wollen. "Ohne einen Informantenschutz ist in diesem Kartell der Vertuscher nichts zu erreichen", sagte Fraktionsvize Ulrich Kelber.

Die SPD will ihren Katalog am Dienstag bei einer Sondersitzung des Verbraucherausschusses des Bundestags zur Abstimmung stellen. Demnach soll es auch weit strengere Kontrollen von Futterfetten geben. "Die Hersteller müssen verpflichtet werden, jede Charge beproben zu lassen", heißt es in dem Papier. "Die Futtermittelfette sind als Haupteintragsquelle der fettlöslichen Dioxine besonders sensibel und deshalb schärfer zu überwachen."

Eine Forderung ist auch, "das Verbraucherinformationsgesetz so zu verbessern, dass die Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen in einer Datenbank unabhängig von Grenzwertüberschreitungen zur Pflicht wird". Die Verbraucher müssten so informiert werden, dass sie auch dioxinbelastete Lebensmittel unterhalb von Grenzwertüberschreitungen meiden können.

Dioxin-Skandal zieht weltweit Kreise

Am Dienstag befasst sich auch der Verbraucherausschuss des Bundestags mit dem Skandal, der weltweit Kreise zieht und etwa in Südkorea zu einem Importverbot deutscher Geflügelverbote geführt hat. Noch ist unklar, wie das Dioxin massenhaft in das Futtermittel gelangen konnte - Proben, die von dem Hersteller Harles und Jentzsch genommen wurden, wiesen um bis zu 78-fach zu hohe Dioxin-Werte auf.

Die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch fordert, dass künftig Futtermittelhersteller jede Charge einer Zutat auf Dioxin testen müssen und bei Überschreitungen verpflichtend die Behörden informiert werden. Etwa 80 Prozent der gesamten Dioxinbelastung der Bevölkerung in Deutschland erfolge heute durch Futtermittel, so Foodwatch.

dpa