TV-Tipp: "Stubbe – Von Fall zu Fall: Kassensturz" (ZDF)
Ein grimmig doppeldeutiger Titel: Im neuen "Stubbe"-Film "Kassensturz" geht es um das Geld einer Krankenkasse. Oder richtiger gesagt: um das Geld, das den Versicherten vorenthalten wird. Und auch das ist nur die halbe Wahrheit, wie der sächsische Kommissar schließlich rausfindet, denn das Geld fließt in Taschen, in denen es nichts zu suchen hat.
07.01.2011
Von Tilmann P. Gangloff

"Stubbe – Von Fall zu Fall: Kassensturz", 8. Januar, 20.15 Uhr im Zweiten

Von dieser Auflösung aber ist Stubbe (Wolfgang Stumph) am Anfang, wie sich das für einen Krimi gehört, ewig weit entfernt. Als Uwe Mauroschat, Mitarbeiter der Norddeutschen Krankenkasse, tot in seinem ausgebrannten Wagen gefunden wird, glaubt Kollege Zimmermann (Lutz Mackensy) zunächst an das Werk linker Wirrköpfe. Tatsächlich drückt sich kurz drauf ein junger Mann ziemlich verdächtig um Stubbes Haus herum, was Tante Charlotte (Margret Homeyer) die Gelegenheit zu einer ungewöhnlichen Form der Resozialisierung gibt.

Derweil erweist sich ihr Neffe als äußerst empfänglich für die Reize einer Künstlerin (Catrin Striebeck), die den Krankenkassenmitarbeiter im Rahmen eines Seminars betreut hat. Und noch eine Person verdient sich den Respekt des Kommissars: Der Ex-Journalist Schnittke (Vadim Glowna) kümmert sich hingebungsvoll um seinen Enkel, einen begnadeten kleinen Pianisten. Leider entpuppt sich Schnittke alsbald als Hauptverdächtiger: Zu Lebzeiten war der tote Herr von der Krankenkasse für die Bewilligung von Kostenübernahmen zuständig, und weil die Kasse die Kosten für die Hausbetreuung von Schnittkes sterbender Tochter nicht bezahlen wollte, hat der Journalist einige bitterböse Briefe an Mauroschat geschrieben.

Auf den ersten Blick ohne Zusammenhang

Geschickt entwirft das von Kaspar Heidelbach angenehm ruhig umgesetzte Drehbuch des vielfach bewährten Krimiautors Michael Illner ein Szenario, das auf den ersten Blick völlig zusammenhanglos wirkt. Der fröhliche Puffbesitzer (Adnan Maral) und seine Gespielinnen zum Beispiel passen zunächst überhaupt nicht ins Bild, auch wenn Herr Mauroschat Stammkunde im Etablissement war. Die Windeln im Auto des kinderlosen Junggesellen sind ebenfalls ein Rätsel. Erst die Auflösung liefert den Schlüssel, der die wirren Einzelteile zu einem Ganzen vereinigt.

Offen bleibt allerdings die Frage, warum der Mann erst daheim erschlagen und dann im Kofferraum seines Autos weggeschafft worden ist. Aber über dieses Detail lässt sich mühelos hinwegschauen. Gleiches gilt für die etwas angestrengt wirkende Nebenhandlung, in der sich Stubbes Tochter (Stephanie Stumph) mit ihrem Fotografen (Wanja Mues) in einem problematischen Stadtteil auf gut Glück auf die Lauer legt, um den Vandalismus an einem teuren Mitwagen mit dem provokanten Aufkleber "Eure Armut kotzt mich an" zu dokumentieren. Dafür ist der Film deutlich lustiger als die letzten Beiträge zu der immer sehenswerten Krimireihe, zumal Stubbe einige Male ungewohnt sarkastisch ist; aber immer mit einem freundlichen Lächeln.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).