EU-Abgeordnete drohen Ungarn wegen Mediengesetz
Die Sozialdemokraten im Europaparlament haben Ungarn mit schweren Sanktionen gedroht, falls das Land die Pressefreiheit und andere europäische Grundwerte nicht respektiert. Das EU-Parlament könne in Eigeninitiative ein Verfahren einleiten, das im Entzug von Stimmrechten münden könnte, sagte der Fraktionsvorsitzende Martin Schulz in Brüssel. Schulz beantragte dazu beim parteiübergreifenden Bürgerrechte-Ausschuss des Europaparlaments eine Untersuchung des neuen ungarischen Mediengesetzes. Diese müsse so schnell wie möglich abgeschlossen werden.

Die Parlamentarier beziehen sich mit der Initiative auf die Artikel 2 und 7 des "Vertrags über die Europäische Union". Demnach kann das Parlament vor einer "schwerwiegenden Verletzung" europäischer Werte warnen. Ein solche Warnung muss von mindestens einem Drittel der Volksvertretung getragen werden. Sie wird an den EU-Ministerrat weitergereicht, der über sie abstimmt. Sind vier Fünftel des Ministerrats von der Gefahr überzeugt, kann es zu Konsequenzen wie etwa dem Entzug von Stimmrechten kommen.

Bis zur Einleitung eines solchen Verfahrens sei es noch ein relativ weiter Weg, sagte ein Mitarbeiter der sozialdemokratischen Fraktion dem epd. Eine gründliche Analyse des Gesetzes sei notwendig. Die Abgeordneten wollten jedoch Druck auf Kommissionspräsident José Manuel Barroso ausüben, der an diesem Freitag in Budapest mit ungarischen Regierungsvertretern zusammentrifft. Barroso müsse die europäischen Werte resolut verteidigen, sagte auch Schulz.

Neue Regulierung

Ungarn hat am 1. Januar die EU-Ratspräsidentschaft übernommen. Zeitgleich trat das neue Mediengesetz in Kraft. Auf seiner Grundlage werden alle ungarischen Medien - einschließlich der Onlinemedien - einheitlich reguliert. Das Gesetz liefert auch das Fundament für einen Medienrat, dem fünf Mitglieder der rechtskonservativen Regierungspartei Fidesz angehören. Das Gremium kann Medien, die nicht "politisch ausgewogen" berichten, mit empfindlichen Geldbußen belegen. Deshalb werden große Einschränkungen für die freie Berichterstattung.

dpa