Mit dem Baby kann Sendeschluss sein
Nur selten wird über die Arbeitsbedingungen in der Medienbranche berichtet. Viele Journalisten empfinden diese ohnehin als belastend - erst recht Journalistinnen, wenn sie ein Kind haben.
06.01.2011
Von Sarah Salin

Journalisten mögen es im Allgemeinen nicht, dass man über sie schreibt. Vielleicht wird aus diesem Grund nur selten über die Arbeitsbedingungen in der Medienbranche berichtet. Journalistinnen, die ein Kind haben, empfinden diese als belastend. Manchmal enden ihre Karrieren sogar mit der Geburt des Babys.

Eine 59-jährige Radiojournalistin, die seit 30 Jahren als Freiberuflerin in Berlin arbeitet, erzählt: "Früher war es einfacher. Zum Glück ist mein Sohn schon lange groß, denn heute habe ich eine Sechs-Tage-Woche, mit oft zehn Stunden Arbeit pro Tag." Eine andere freiberuflich arbeitende Berliner Journalistin, Mutter einer 15-jährigen Tochter, berichtet: "Ich komme als Alleinerziehende gerade so über die Runden. Reitferien für meine Tochter sind nur unter größten Einsparungen möglich. Sie musste auch früh lernen, allein zu sein und den Haushalt zu schmeißen."

"Es ist wirklich ein Job für Idealisten"

Unregelmäßige Arbeitszeiten, häufige Wochenendarbeit, immer weniger Festanstellungen und gerade für die freien Journalisten ein hohes Pensum an Terminen bei permanentem Zeitdruck: "Es ist wirklich ein Job für Idealisten", sagt eine 30-Jährige aus Baden-Württemberg: "Ich arbeite als freie Journalistin sieben Tag die Woche für Zeitungen und Zeitschriften, kann aber kaum davon leben."

Die Brisanz nimmt zu, weil seit Jahrzehnten immer mehr Frauen in die Branche drängen. Ihr Anteil stieg zwischen 1993 und 2005 von 31 Prozent auf 37,3 Prozent der etwa 48.000 in Deutschland hauptberuflich tätigen Journalisten. Unter den Selbstständigen gibt es bereits mehr Frauen als Männer.

Gerade unter den Redakteursanwärtern, den Volontären, ist der Frauenanteil seit den 80er Jahren stark gestiegen. Allerdings gibt es immer noch bedeutend weniger junge Redakteurinnen als Redakteure. "Der Aufstieg wurde aufgrund des Geschlechts verpasst", heißt es dazu in einer Studie des Hamburger Medienprofessors Siegfried Weischenberg. Es gebe höhere Anforderungen an Frauen beim Einstieg in den Job, ist die Vermutung seines Forschungsteams.

Dabei belegen Studien, dass junge Journalistinnen seit Jahren formal höher gebildet sind als ihre männlichen Kollegen. Eine Befragung von Ausbildern ergab zudem, dass Volontärinnen in den Redaktionen häufiger die besseren Ergebnisse erzielen.

Arbeitsbedingungen beeinträchtigen das Familienleben

Ein weiterer diskriminierender Aspekt ist der Arbeitslohn: Journalistinnen verdienen im Durchschnitt deutlich weniger als ihre männlichen Kollegen. Die Gewerkschaft ver.di schätzt die Gehaltsdifferenz auf 700 Euro. Journalistinnen äußerten bei einer aktuellen Umfrage zu ihrer Arbeitszufriedenheit den deutlichsten Unmut bei Fragen nach der Bezahlung.

Dies mag auch dazu führen, dass bereits nach fünf Jahren Berufstätigkeit der Frauenanteil auffällig sinkt. In der Altersgruppe ab 35 schwinden die Journalistinnen, belegte die jüngste der Weischenberg-Studien: Die Frauen arbeiten oft jahrelang auf ein Karriereziel hin, doch bevor sie es erreichen, ziehen sie sich zurück und kommen häufig auch nicht wieder. Denn viele von ihnen bekommen Kinder und es mangelt an Teilzeitstellen und Betreuungsangeboten.

Für Journalistinnen scheint es somit noch problematischer zu sein als für ihre Kollegen, ihr Familienleben neben dem Beruf zu gestalten. Die meisten Medienfrauen haben diesbezüglich auch realistische Vorstellungen, wie Studien belegen.

"Du musst sehr gut organisiert sein, wenn du ein Kind willst", sagt eine 29-Jährige TV-Journalistin aus Köln. Eine 30-jährige Redakteurin aus Mainz erzählt: "Ich hätte schon gern ein Kind, fühle mich aber noch als Berufsanfängerin. Es gibt ja kaum noch feste Jobs, und wenn ich in den nächsten zwei Jahren schwanger werde, wird bestimmt mein auslaufender Vertrag nicht verlängert."

epd