Die gute Nachricht ist, dass Ananas-Freunde in Australien trotz der verheerenden Überschwemmungen nicht auf die süße Frucht verzichten müssen. "Wir haben einen Schleppkahn aufgetrieben und dürften 90 Prozent der Ernte rausschaffen", sagte Joe Craggs, Marketingmanager der Firma Tropical Pines bei Rockhampton. Vier Millionen Stück hat er verschifft. Schlecht sieht es dagegen für Weizen, Zucker und Baumwolle aus - und auch für Kokskohle.
Die schlimmsten Überschwemmungen im Bundesstaat Queensland seit 50 Jahren sind eine wirtschaftliche Katastrophe für Australien - und könnte die Preise weltweit beeinflussen. Australien ist der größte Kohleexporteur der Welt.
Rund 40 Prozent der Kohlegruben am Bowen Basin in Queensland sind geschlossen. Damit ist ein Drittel der gesamten australischen Exportproduktion in Mitleidenschaft gezogen. Australien lieferte 2008/09 (30. Juni) - das sind die aktuellsten Zahlen des Kohleverbandes - 261 Millionen Tonnen oder 28 Prozent des Weltmarktanteils. Bei Kokskohle zur Stahlherstellung lag der Anteil sogar bei 59 Prozent. Der Spotmarkt-Preis für Kokskohle lag in dieser Woche schon bei fast 300 US-Dollar pro Tonne, verglichen mit 246 US- Dollar vor den Überschwemmungen.
76 Millionen Euro Verlust pro Tag
In einigen Gruben am Bowen Basin steht das Wasser. Es werde Monate dauern, die Gruben trocken zu legen und die Maschinen zu reparieren, sagte der Leiter des Industrieverbandes Queensland Resources Council, Michael Roche. "Die Bergwerke haben allein an Exporten bestimmt 100 Millionen australische Dollar am Tag verloren", sagte er. Das entspricht knapp 76 Millionen Euro. Die Verluste summierten sich schon auf eine Milliarde Dollar. Einen Verlust von zwei Milliarden Dollar erwartet Wirtschaftswissenschaftler John Rolfe von der Central Queensland-Universität, zuzüglich Reparaturkosten von einer Milliarde Dollar.
Die Exporteure kommen mit ihren Lieferungen nicht mehr nach. Eine ganze Reihe von ihnen hat bereits "Force Majeure" erklärt - wegen Zuständen außerhalb ihrer Kontrolle sind sie damit nicht mehr an die Einhaltung der Lieferverträge gebunden. Selbst Bergwerke, die verschont blieben, können die Kohle nicht in die Häfen befördern, weil die Bahnlinien unter Wasser stehen.
Der Kohleterminal in Gladstone, dem größten Hafen von Queensland, ist zu weniger 50 Prozent ausgelastet. "Zudem sind die Lagerbestände nass, der Wassergehalt in der Kohle ist für die Verladung zu groß", sagte Hafenmanager Craig Walker. Orkanstarke Böen zwangen den Hafen am Wochenende zeitweise, ganz zu schließen. Vor der Küste warteten mehr als 40 Kohlefrachter auf Ladung.
Asien ist Hauptabnehmer
Australien liefert fast 90 Prozent seiner Kohle nach Asien. 2008/09 waren es 233,5 Millionen Tonnen. Die mit Abstand größte Menge ging nach Japan (104,8 Millionen Tonnen), gefolgt von Südkorea, Taiwan, China und Indien. Nur 1,6 Millionen Tonnen gingen nach Deutschland. "Wir fürchten, dass 2011 schlimmer wird als 2008, als Überschwemmungen in Queensland Produktionsausfälle im Umfang von sieben bis acht Millionen Tonnen Kokskohle verursachten", schrieb die Investmentbank Macquarie Group in einer Analyse.
In der Landwirtschaft ist die Lage ähnlich schlimm. Bauern, deren Äcker unter Wasser standen, müssten damit rechnen, dass sie das Getreide höchstens noch als Viehfutter verkaufen können, sagte der Präsident des Bauernverbandes AgForce, Brent Finlay. "Bei Zuckerrohr ist die Lage ähnlich, wenn man Baumwolle, Obst und Gemüse dazuzählt, ist man schnell bei einer Milliarde Dollar Verlust."
Wenn die Ernteausfälle die Preise hochtreiben, könnten die Bauern einen Teil ihrer Verluste wettmachen. "Man darf sich nicht unterkriegen lassen und muss dadurch", meinte Apfelsinenbauer Craig Pressler, dessen Haine in der völlig überschwemmten Stadt Emerald liegen. Er hofft auf eine gute Ernte im Juli. "Ich hoffe, ich kann in ein paar Monaten zurückblicken und sagen: Überschwemmung? Welche Überschwemmung?"
Experte: Kohle und Koks werden rapide steigen
Fest steht: Die verheerende Flut im Osten Australiens treibt die ohnehin schon hohen Weltmarktpreise für Kohle und Koks weiter nach oben. "Australien ist einer der wichtigsten Kohleproduzenten und vor allem einer der wichtigsten Lieferanten für den weltgrößten Stahlproduzenten China", sagte Eugen Weinberg, Rohstoffexperte der Commerzbank, der Nachrichtenagentur dpa.
Beim Koks sei kurzfristig ein erneuter Preisanstieg um bis zu zehn Prozent nicht auszuschließen. Und das auf dem ohnehin schon hohen Niveau: "Sei Mitte 2008 haben sich die Preise für kurzfristige Geschäfte bereits nahezu verdoppelt - auf etwa 280 Dollar pro Tonne", sagte Weinberg. Die Kohle-Lagerbestände seien bei den Produzenten, in den Häfen und bei den Kunden wegen der boomenden Nachfrage nach Stahl weitgehend abgeräumt.
Fachleute in Australien halten es für möglich, dass der aktuelle Lieferengpass den Koks-Weltmarktpreis binnen drei Monaten sogar um 20 Prozent nach oben treiben könnte. Australische Kohleproduzenten warnten ihre Kunden in Japan, Südkorea und China, dass versprochene Lieferungen nicht fristgerecht ankommen würden.
Logistikprobleme auch nach dem Ende der Flut
Die Bedeutung Australiens als Koks- und Kohle-Lieferant ist "immens und nimmt weiter zu", betonte Weinberg. Ein Teil der australischen Kohleproduktion komme aus der Katastrophenregion Queensland. Für den größten Teil der Kohleproduktion sei allerdings die Gegend um Pilbara im Westen Australiens verantwortlich, die von den Überschwemmungen nicht betroffen ist. Logistikprobleme dürften auch nach dem Ende der Flut für weiterhin hohe Preise sorgen.
Dass die Katastrophe nicht noch stärker auf den Kohle- und Kokspreis durchschlägt, hat für Weinberg mehrere Gründe: Zum einen sei Australien zwar ein wichtiger, aber eben nicht der einzige Kokslieferant. Auch gebe es noch Lagerbestände, die einen extremen Engpass verhindern könnten. Außerdem spiele der sogenannte Spotmarkt - hier wird der kurzfristige Handel abgewickelt - bei Koks nur eine untergeordnete Rolle. "Der größere Teil des Handels läuft über längerfristige Kontrakte, kurzfristige Lieferengpässe wirken sich hier nur gedämpft aus."
Die Folgen für die deutsche Wirtschaft sind unklar: Beim Verein der Kohleimporteure hieß es, ob Einfuhren nach Deutschland tatsächlich teurer würden, sei nicht sicher. Commerzbank-Experte Weinberg rechnet allerdings mit steigenden Importpreisen für Stahl aus China. Für den Endkunden - etwa den Autokäufer - würden diese aber kaum spürbar sein. "Doch die inflationellen Tendenzen, die wir zuletzt in China gesehen haben, wird das sicher nicht beruhigen - im Gegenteil."