Soldatin bei der Bundeswehr? Das war nicht der ursprüngliche Berufswunsch von Beate Schöne. Sie machte zunächst eine Ausbildung zur Mediendesignerin. Bei der anschließenden Jobsuche wurde sie durch einen Bekannten auf die Möglichkeiten bei der Bundeswehr aufmerksam: "Ich wusste gar nicht, dass es Mediendesigner bei der Bundeswehr überhaupt gibt", gesteht die 29jährige. Sie erkundigte sich genau, sagte dann Ja zur Bundeswehr und durchlief nacheinander Grundausbildung, Unteroffizierausbildung und Feldwebelausbildung. Seit September 2010 ist Beate Schöne Berufssoldatin.
Beate Schöne arbeitet im Presse- und Informationszentrum der Streitkräftebasis in Bonn. Sie macht Öffentlichkeitsarbeit für die Bundeswehr, gestaltet unter anderem Flyer für Veranstaltungen und bearbeitet Fotos für die Internetseite www.streitkraeftebasis.de. Nebenbei absolviert sie das übliche Trainingsprogramm der Soldaten, marschieren, schießen und Sport. "Ich fühle mich in erster Linie als Soldatin und in zweiter Linie als Mediendesignerin." Als nächstes plant Beate Schöne, auf der Karriereleiter noch weiter nach oben zu klettern und den Dienstgrad "Offizier" zu erreichen.
Grundgesetz schloss Frauen aus
Solche Karrieremöglichkeiten haben Frauen bei der Bundeswehr heute, weil 1996 eine junge Frau hartnäckig war: Die damals 19jährige Elektronikerin Tanja Kreil bewarb sich auf eine Stelle in der Waffeninstandsetzung, war fachlich bestens geeignet, wurde aber mit Hinweis auf das Grundgesetz abgelehnt: In Artikel 12a Absatz 4 stand, dass Frauen "auf keinen Fall Dienst mit der Waffe leisten“ dürfen. Tanja Kreil reichte Klage ein und bezog sich auf den Gleichheitsgrundsatz einer europäischen Richtlinie, nach der die Mitgliedstaaten zur „Gleichbehandlung von Männern und Frauen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung“ verpflichtet sind.
Der europäische Gerichtshof urteilte, dass Deutschland die Rechtslage anpassen müsse. Deshalb steht jetzt in Artikel 12a Absatz 4 zum Thema Frauen: "Sie dürfen auf keinen Fall zum Dienst mit der Waffe verpflichtet werden." 244 Rekrutinnen traten im Januar 2001 ihren Dienst an, heute sind rund neun Prozent aller Berufs- und Zeitsoldaten weiblich.
Bis vor zehn Jahren hatten Frauen ausschließlich Zugang zum Militärmusikdienst und zum Sanitätsdienst. Seit 2001 stehen Frauen durch die Grundgesetzänderung alle Laufbahnen offen - falls sie die Ausbildung genau wie ihre männlichen Kameraden schaffen. "Ich habe vorher schon gern Sport gemacht", erzählt Beate Schöne, und das kam ihr in ihrer Ausbildung zugute: Liegestützen, Weitsprung, Laufen und Klimmhang, Hindernislauf mit Gepäck und Waffe auf Zeit und Märsche von bis zu 40 Kilometern ohne Pause - Fitness ist ein fester Bestandteil des Berufsbildes Soldat.
Ein gutes Gefühl: "Ich habe was geschafft"
"Frauen haben andere körperliche Voraussetzungen als Männer, und man kommt dabei schon manchmal an seine Grenzen", gibt die Soldatin zu. "Aber wie bei jeder Herausforderung ist es am Ende ein gutes Gefühl, wenn man es geschafft hat." Beate Schöne möchte zeigen, dass sie dasselbe leisten kann wie die männlichen Kameraden und mag es – wie die meisten Soldatinnen – nicht, wenn Unterschiede gemacht werden. "Ich verdiene dasselbe und bringe auch dieselbe Leistung", sagt sie selbstbewusst. Die Männer, so ist ihr Eindruck, akzeptieren ihre Kameradinnen aufgrund der erbrachten Leistung.
Allerdings sieht sie auch mögliche Schwierigkeiten in gemischten Truppen, zum Beispiel wenn Soldaten im Einsatz in ein Feuergefecht geraten: "Männer könnten in solchen Situationen einen Beschützerinstinkt gegenüber Frauen entwickeln. Im Gefecht muss man aber als Gruppe funktionieren, unabhängig vom Geschlecht."
Beate Schöne war selbst noch nie an einem Feuergefecht beteiligt, aber sie war schon mal im Auslandseinsatz: Von Februar bis Juni 2009 im Kosovo. Ihre Aufgabe dort: Sie hat die Feldzeitung layoutet, aus der Bundeswehrangehörige vor Ort und zuhause in Deutschland erfahren konnten, was im Einsatz passierte. "Gefährliche Situationen habe ich persönlich in meinem Einsatz nicht erlebt, die Lage im Kosovo ist zum Glück entspannter als noch vor ein paar Jahren", berichtet Beate Schöne, "aber zu unserem Schutz waren wir trotzdem immer bewaffnet."
Respekt vor dem Einsatz in Afghanistan
Das empfiehlt sich unbedingt auch für ihren nächsten Auslandseinsatz: Höchstwahrscheinlich wird Beate Schöne im Februar nach Afghanistan aufbrechen. Im Einsatzort Kundus wird es als Informationsfeldwebel unter anderem ihre Aufgabe sein, Fernsehteams aus Deutschland zu empfangen und zu begleiten. "Ich habe Respekt, aber keine Angst vor dem Einsatz", sagte sie. Natürlich wird sich die Familie zuhause Sorgen machen, genau wie beim Kosovo-Einsatz 2009. "Meine Familie wird froh sein, wenn ich wieder heil da bin, das kann ich auch verstehen."
Ihre Eltern haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass die Tochter Soldatin geworden ist. Als der Plan damals reifte, waren alle in ihrem Umfeld sehr erstaunt, erzählt sie: "Mein Vater dachte, als Vater von zwei Töchtern muss er sich mit der Bundeswehr nicht auseinandersetzen" – doch es kam anders. Wenn Beate Schöne in diesem Frühjahr zur Offiziersausbildung zugelassen werden sollte, stehen ihr alle Möglichkeiten offen - wieder ein Grund mehr für die Eltern, stolz zu sein auf ihre Tochter, die Soldatin.
Anne Kampf ist Redakteurin bei evangelisch.de und zuständig für die Ressorts Politik und Gesellschaft.