Weltweit werden immer mehr Journalisten Opfer von Entführungen. Im zu Ende gehenden Jahr wurden mindestens 51 Medienvertreter im Zusammenhang mit ihrer Arbeit entführt, 18 mehr als im Jahr zuvor, heißt es in der am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Jahresbilanz der Journalistenvereinigung "Reporter ohne Grenzen". Die Neutralität und Arbeit von Journalisten werde nicht mehr länger respektiert, wie die ansteigende Zahl von Kidnappings zeige. Besonderes Risiko bestehe in Afghanistan und Nigeria, unterstrich Generalssekretär Jean-Francois Julliard.
Weniger getötete Journalisten als im Vorjahr
Dagegen sank die Zahl der in Kriegsgebieten getöteten Journalisten 2010 gegenüber dem Vorjahr um ein Viertel auf insgesamt 57. Dabei werde es immer schwieriger, die Verantwortlichen zu identifizieren, heißt es in dem Jahresbericht von "Reporter ohne Grenzen" weiter. Die meisten Morde an Journalisten gingen auf das Konto von organisierten kriminellen Vereinigungen und Milizen. Um nicht Komplizen der Mörderer zu werden, müssten Regierungen gegen diese Täter vorgehen und die weit verbreitete Straflosigkeit bekämpfen, betonte der Generalssekretär.
Die meisten Medienvertreter kamen 2010 in Pakistan ums Leben, wo elf Journalisten getötet wurden. Neben Pakistan bezeichnete "Reporter ohne Grenzen" noch den Irak und Mexiko als die gegenüber Journalisten gewalttätigsten Staaten des Jahrzehnts. Besonders gefährdet sei das Leben von Medienvertretern außerdem in Afghanistan, Kolumbien, auf den Philippinen, in Russland und Somalia. Zwei Journalisten wurden im zu Ende gehenden Jahr auch in Europa ermordet: in Griechenland und Lettland.
Die Zahl der weltweit verhafteten Journalisten sank den Angaben zufolge gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozent auf 535. Mindestens 1.374 Medienvertreter wurden angegriffen oder bedroht, ein Rückgang um 82. Die Anzahl der Verhaftungen von Internet-Bloggern und Internetnutzern blieb nahezu gleich bei 152. Zudem wurden 52 Angriffe auf Blogger registriert, 14 Prozent weniger als 2009. Die Zahl der Staaten, in denen Internetzensur ausgeübt werde, stieg laut "Reporter ohne Grenzen" um zwei auf insgesamt 62 Staaten. 127 Journalisten aus 23 Ländern mussten in diesem Jahr ihre Heimat wegen Gewalt und Verfolgung verlassen, allein 30 aus dem Irak, 15 aus Eritrea und Somalia.