Politiker streiten über Hartz-IV-Erhöhung
Offiziell werden die Gespräche über die Hartz-IV-Neuregelung im Vermittlungsausschuss von Bundesrat und Bundesrat erst am 7. Januar fortgesetzt. Doch der öffentliche Streit geht unverdrossen weiter. Die Opposition fordert Verbesserungen, Kanzlerin Merkel unterstützt Ministerin von der Leyen.

Im Verhandlungspoker um die Hartz-IV-Neureglung hat Bundeskanzlerin Angela Merkel ihre Arbeitsministerin Ursula von der Leyen (beide CDU) gegen Kritik in Schutz genommen. "Die Bundesarbeitsministerin hat ausdrücklich die volle Prokura und Rückendeckung der Bundeskanzlerin bei diesen Verhandlungen", sagte Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans am Montag in Berlin.

Die SPD wirft von der Leyen vor, sie habe frühzeitig von der Opposition angebotene Gespräche über einen Kompromiss bei der Neuberechnung des Hartz-IV-Regelsatzes ausgeschlagen. SPD-Chef Sigmar Gabriel forderte im ZDF-"Morgenmagazin" erneut die Regierung auf, trotz der Hängepartie im Vermittlungsverfahren schon zum 1. Januar die von Schwarz-Gelb geplante Erhöhung von fünf Euro monatlich auszuzahlen. Niemand werde dagegen klagen.

Dies lehnte das Bundesarbeitsministeriums erneut ab. "Für die Auszahlung erhöhter Regelsätze brauchen wir ein gültiges Gesetz", sagte eine Sprecherin. Eine Erhöhung könne auch rückwirkend überwiesen werden: "Niemandem geht etwas verloren." Eigentlich sollte die Hartz-IV-Reform mit dem Jahreswechsel in Kraft treten, war aber vom Bundesrat gestoppt worden.

SPD fordert Sozialarbeiter an Schulen

Für die Zustimmung der SPD zur Hartz-IV-Neuregelung forderte Gabriel erneut Zugeständnisse der Ministerin. "Wir sind ganz schnell bereit, fertig zu werden. Sie soll zustimmen, dass wir wenigstens Sozialarbeiter an die Schulen bringen. Und schon sind wir fertig mit den Verhandlungen." Von der Leyen müsse zudem etwas gegen die "miserable Bezahlung in der Leiharbeit" tun. Auch dies sei Bestandteil der Verhandlungen.

Die Grünen wollen bei den Vermittlungsgesprächen erreichen, dass künftig die Kommunen für das Bildungspaket verantwortlich sind - und nicht wie geplant die Jobcenter. Partei-Vize Fritz Kuhn sagte der "Hannoverschen Allgemeinen Zeitung" (Montag), die Gemeinden könnten Schulsozialarbeit besser koordinieren. Kuhn: "Es ist ein völlig falscher Weg, 1300 Mitarbeiter in den Jobcentern zum Dreh- und Angelpunkt für Teilhabechancen bei Bildung zu machen, die erst dafür umgeschult werden sollen." Für die Grünen sei dies ein "Knackpunkt".

Beim aktuellen Vermittlungsverfahren über das Gesetz sei es mit kleinen Anpassungen "nach dem Muster hier noch eine Million, da noch eine Million" nicht getan, sagte Kuhn. Notwendig seien gründliche Veränderungen. Von der Leyen solle nicht so tun, als ob es ein gutes Gesetz sei "mit dem man fröhlich nach Karlsruhe gehen könnte. Das ist es nicht."

"Teilhabe ist mehr als Frühstückskrumen"

Auch der hessische SPD-Partei- und Fraktionschef Thorsten Schäfer-Gümbel forderte Nachbesserungen beim Bildungspaket. "Teilhabe ist mehr als ein paar Frühstückskrumen, die nach zweifelhaften Berechnungen vom Tisch fallen", sagte der SPD-Politiker der Nachrichtenagentur dpa. Auch müsse es eine nachvollziehbare Berechnungsmethode für den Bedarf der Kinder geben. "Wer sechs Euro für ein Kind unter drei Jahren als Bedarf für Windeln, Seife und Zahnpasta errechnen lässt, hat vom richtigen Leben keine Ahnung."

Der schwarz-gelbe Gesetzentwurf sieht eine Erhöhung des monatlichen Regelsatzes für Langzeitarbeitslose von 359 auf 364 Euro und ein Bildungspaket für Kinder vor. Der Opposition reicht das nicht. Die Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die einen Kompromiss aushandeln soll, tagt wieder am 7. Januar. Bis dahin prüfen Experten mehrere neue Vorschläge.

dpa