Ausländer sind besser integriert als angenommen
In Deutschland lebende junge Ausländer bezeichnen sich als erfolgs- und leistungsorientiert. Sie sind laut einer Studie der Bertelsmann-Stiftung besser integriert als angenommen. Außerdem profitiert Deutschland gesamtwirtschaftlich von Zuwanderung. Verliere auf dem Arbietsmarkt sind die Zugewanderten selbst. Das geht aus einer weiteren Studie hervor.

Zuwanderer sind nach einer Studie der Bertelsmann Stiftung in Deutschland besser integriert als angenommen. Neun von zehn Befragten mit Migrationshintergrund wollten beruflich weiterkommen, heißt es in der am Mittwoch in Gütersloh veröffentlichten Untersuchung des Instituts tns-Emnid im Auftrag der Stiftung. Vor allem junge Migranten bezeichneten sich selbst als "besonders erfolgs- und leistungsorientiert". Bei den Befragten ohne Migrationshintergrund legen dagegen lediglich 45 Prozent Wert auf berufliches Fortkommen.

"Die Ergebnisse widerlegen Vorurteile über Menschen aus anderen Herkunftsländern in der deutschen Gesellschaft", kommentierte Liz Mohn, stellvertretende Vorstandsvorsitzende der Bertelsmann Stiftung, die Ergebnisse. Für die repräsentative Umfrage wurden über 2.000 Menschen mit und ohne Zuwanderungsgeschichte befragt mit dem Ziel, ihre Einstellungen zu Familie und Beruf zu vergleichen. Themen waren die berufliche Karriere, das Rollenverständnis von Mann und Frau, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie das Zusammenleben mehrerer Generationen.

Kein "Heimchen am Herd"

Drei von vier Befragten mit ausländischen Wurzeln (74 Prozent) lehnen demnach die Vorstellung vom Heimchen am Herd ab. Auch 70 Prozent der Bürger aus muslimisch geprägten Ländern stimmen diesem Mutterbild nicht zu. Sie sind damit nicht konservativer als die Deutschen. Bei der Aufteilung der Arbeit im Haushalt sei die Emanzipation bei den Migranten weiter, hieß es. Zwar liegen Haushalt, Kindererziehung und Pflege von Angehörigen fast überwiegend in den Händen der Frauen. Doch sehen 41 Prozent der Männer mit Migrationshintergrund Putzen, Kochen und das Großziehen von Kindern als gemeinsame Aufgabe an. Bei den Befragten ohne Zuwanderungsgeschichte sind 35 Prozent der Männer dieser Auffassung.

Dagegen hält es die Hälfte aller Befragten mit und ohne Migrationshintergrund für richtig, dass Mütter ihre beruflichen Ziele zurückstecken sollten, um mehr Zeit für Familie und Kinder zu haben. Hier wurden den Angaben nach von 60 Prozent der Frauen und 42 Prozent der Männer fehlende Angebote zur Kinderbetreuung beklagt.

Die meisten Migranten wünschen sich laut Umfrage kostenlose Kindergärten und sind auch dafür, den Kita-Besuch für Dreijährige zur Pflicht zu machen. Auch wollten die meisten Befragten ihre Kinder am liebsten im Kindergarten oder in der Ganztagsschule betreuen lassen. Das gelte auch für Familien aus der Türkei und dem Nahen Osten.

Arbeitsmarkt: Ausländer tragen Kosten

Auf dem Arbeitsmarkt profitieren Einheimische langfristig von Zuwanderung. In einer am Mittwoch in Nürnberg veröffentlichten Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) heißt es, bereits in Deutschland lebende Ausländer seien wegen der steigenden Konkurrenz dagegen die Verlierer bei einer Zuwanderung von ausländischen Arbeitskräften. Die Löhne der Ausländer sinken und die Arbeitslosigkeitsrisiken nehmen für sie zu.

Nach einem neuen Schätzmodell des IAB wäre der Lohnrückgang für die einheimische Bevölkerung bei einer Nettozuwanderung von insgesamt 450.000 Erwerbspersonen mit 0,1 Prozent nur sehr gering. Auch der Anstieg der Arbeitslosenquote um 0,1 Prozentpunkte wäre moderat. Zuwanderung führt nach diesen Berechnungen also nicht zu steigender Arbeitslosigkeit für einheimische Arbeitskräfte. Langfristig würden die Löhne der einheimischen Bevölkerung sogar um 0,1 Prozent steigen und die Arbeitslosenquote um 0,06 Prozent sinken, so das IAB.

Die bereits in Deutschland lebenden Ausländer verlieren dagegen durch die Zuwanderung. Ihre Arbeitslosenquote würde den Simulationsrechnungen zufolge langfristig um 1,2 Prozentpunkte steigen und ihre Löhne würden um 1,1 Prozent fallen. Denn die Neuzuwanderer konkurrieren stärker mit den bereits in Deutschland lebenden Ausländern als mit den einheimischen Arbeitskräften. Dadurch fallen die Verdrängungseffekte für Ausländer auch sehr viel stärker als für Einheimische aus. "Die Ausländer tragen damit die Kosten der Migration", schreiben die IAB-Arbeitsmarktforscher Herbert Brücker und Elke Jahn in ihrer Studie.

Forderung: Abschlüsse anerkennen

Gesamtwirtschaftlich betrachtet profitiere Deutschland von Zuwanderung. Die Bilanz falle umso günstiger aus, je höher die Qualifikation der Zuwanderer sei und je besser die Zuwanderer in den Arbeitsmarkt integriert seien. Brücker und Jahn empfehlen daher die verbesserte Anerkennung von ausländischen Abschlüssen, den Abbau von Diskriminierung am Arbeitsmarkt und die verstärkte Förderung der Sprachkompetenz von Migranten. Die Regierungskoalition will im Frühjahr über erleichterte Bedingungen für die Zuwanderung ausländischer Fachkräfte entscheiden.

Um die Arbeitsmarktwirkung von Migration umfassend zu analysieren, wurde der Begriff Ausländer für die Studie weiter definiert als sonst üblich. Dazu zählen ausländische Staatsbürger, in Deutschland eingebürgerte Ausländer sowie Spätaussiedler. Als Einheimische gelten alle anderen Personen.

epd