Hätte Argentinien der Welt den Weihnachtsmann beschert, käme er in Badelatschen, Shorts, mit Sonnenbrille und einem Strohhut daher. Denn in dem südamerikanischen Land ist im Dezember Hochsommer.
Glück hat, wer als Weihnachtsmann in einem der voll klimatisierten Shopping-Center seinen Dienst verrichten kann. Dort fahren die Klimaanlagen die Temperaturen schon mal so weit herunter, dass auch der Anblick der kunstschneeverzierten Tannenbäumen weniger irritiert. Verzichtet wird zumindest meist auf das Hintergrund-Flöten von "Leise rieselt der Schnee..." oder "Stille Nacht, heilige Nacht".
Ankunft des Jesuskindes wird lautstark gefeiert
Heilig ist die Nacht vom 24. auf den 25. Dezember im streng katholischen Argentinien. Still ist sie mit Sicherheit nicht. Denn pünktlich um Mitternacht krachen die Böller und schießen die Lichtraketen in den Himmel als wäre schon Silvester. Die Ankunft des Jesuskindes wird lautstark gefeiert. Alle sind auf Straßen und Plätzen auf den Beinen.
Zur mitternächtlichen Stunde dürfen endlich auch die Geschenke ausgepackt werden. Weshalb so mancher argentinische Knirps erstmals in seinem Leben am Heiligen Abend bis weit nach Mitternacht aufbleiben darf. Früher mussten die Kinder noch auf die Heiligen Drei Könige warten, die erst am 6. Januar die Geschenke brachten. "Seit der Weihnachtsmann am 24. auch zu uns kommt, gibt es auch die Geschenke früher," sagt Laura Cuenca, an deren Armen zwei Kinder in Richtung Spielwarenabteilung zerren.
Die Aussichten für den Weihnachtsmann sind in Argentinien jedoch gerade getrübt worden. Kurz vor dem großen Fest hat der katholische Erzbischof Fabriciano Sigampa die Eltern aufgefordert, ihre Kinder aufzuklären. "Der Weihnachtsmann ist ein fetter roter Mann", wetterte er in der Kathedrale der Stadt Resistencia im Norden des Landes. Jedes Kind muss wissen, dass die "Geschenke in Wahrheit von den Eltern kommen" und zwar mit der Hilfe von Jesus, sagte der Erzbischof.
Traditionelles Weihnachtsfest
Am heiligen Abend wird die Zeit bis Mitternacht auch in Argentinien in der Familie mit einem guten Essen verbracht. Fehlen darf auf keinen Fall Pan Dulce, das süße Brot gibt es nur zu Weihnachten. Und natürlich Sidra, der schäumende Apfelwein, in Europa als Cidre bekannt. Für das Prosit in der "Nochebuena" ist Sidra unverzichtbar.
Wenn dann alle geschenk- und apfelweinselig sind, wird gefeiert und getanzt - mitunter bis zum Sonnenaufgang. Die Weihnachtslieder in Argentinien erzählen zwar nicht von still und starr liegenden Seen, aber wie auf der ganzen Welt vom Frieden für die Menschen auf Erden. Darunter mischt sich schon mal der eine oder andere tanzbare Karnevalsschlager.
Am 25. Dezember wird ausgeschlafen, der Tag ist gesetzlicher Feiertag. Gegen Mittag steigt der Duft von verglühender Holzkohle und brutzelndem Fleisch auf. Im Familienkreis wird das Asado gemacht, das traditionelle Grillen von großen Rinderstücken.
Um das alles zu verdauen, bleibt dieses Jahr mehr Zeit. Denn der 26. Dezember fällt auf einen Sonntag. Davon vor allem die Arbeitgeber profitieren: Die Flut von Krankmeldungen wegen Weihnachtsvöllerei dürfte ihnen in diesem Jahr erspart bleiben. "Ich hoffe, dass meine Angestellten den Sonntag tatsächlich zur Erholung nutzen," sagt Carlos Paulenta, Chef einer kleinen Reinigungsfirma.
Leise rieselnden Schnee gibt übrigens auch im argentinischen Winter fast nie: Am 9. Juli 2007 hatte es in Buenos Aires nach 80 Jahren das erste Mal wieder geschneit.