Angesichts des anhaltenden Umfragetiefs der FDP gerät der Vorsitzende Guido Westerwelle parteiintern immer stärker unter Druck. Einflussreiche Politiker des "Schaumburger Kreises" der Partei haben nach mehreren Medienberichten am Dienstagabend über Möglichkeiten eines schnellen Rückzugs Westerwelles von der Parteispitze beraten.
An dem Treffen der regelmäßig tagenden Runde in Berlin habe auch Westerwelles Stellvertreter in der Partei, Wirtschaftsminister Rainer Brüderle, teilgenommen, berichtet das "Handelsblatt" am Donnerstag im Internet. Er gilt als ein Nachfolgekandidat für den Bundesvorsitz. Unter den 17 Teilnehmern sollen auch Schatzmeister Hermann Otto Solms, Fraktionsvize Patrick Döring und mehrere Bundestagsabgeordnete gewesen sein.
Für und Wider des Rückzugs
Sie hätten unter anderem das Für und Wider eines Rückzugs Westerwelles auf dem Dreikönigstreffen am 6. Januar 2011 in Stuttgart erörtert, berichtet auch die "Bild"-Zeitung. Nach Angaben beider Medien wurde sogar die Aufgabe des Amts als Außenminister diskutiert. Die Frage, welche Konsequenzen ein Rücktritt Westerwelles für die Partei hätte, sei letztlich aber offen geblieben. "Wie nach einem Urknall die liberale Welt aussieht, kann eben niemand sagen", zitierte das "Handelsblatt" einen Teilnehmer.
In der Vergangenheit hatte Westerwelle mehrfach klargemacht, dass er an seinen drei Posten als Parteichef, Außenminister und Vizekanzler festhalten will. Bundesweit liegt die FDP in den Umfragen derzeit nur zwischen 4 und 6 Prozent.
Offener Brief an Westerwelle
In Anbetracht der anstehenden Landtagswahlen hatten am Mittwoch bereits Vertreter der baden-württembergischen FDP Westerwelle in einem Offenen Brief aufgefordert, den Parteivorsitz niederzulegen. Der rheinland-pfälzische FDP-Spitzenkandidat Herbert Mertin bezeichnete ihn als "Klotz am Bein" der Wahlkämpfer. In beiden Bundesländern wird am 27. März gewählt. Zuvor stehen am 20. Februar und 20. März bereits Wahlen in Hamburg und Sachsen-Anhalt an.
Die bayerische Landesvorsitzende, Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, warnte die Partei davor, sich auf eine Personaldiskussion zu konzentrieren. Die FDP habe nur eine Chance, "wenn wir kämpferisch auftreten und uns nicht wirklich selbst erledigen", sagte sie im Radiosender Bayern2. FDP-Wähler seien enttäuscht, weil sie sich in der jetzigen Regierungspolitik nicht wiederfänden. "Das ist unser Problem und nicht, dass wir die Bürgerinnen und Bürger auch noch mit großen Personaldiskussionen öffentlich behelligen."