Castor rollt wieder: 24 Menschen in Gewahrsam
Der Zug kommt seinem Ziel näher: Nach einem mehr als zweistündigen Stopp in Magdeburg hat sich der Castor-Transport mit hoch radioaktivem Müll wieder in Bewegung gesetzt.

Der Zug mit rund 2.500 Brennstäben an Bord rollte nach Angaben der Bundespolizei am Donnerstag kurz nach 7 Uhr in Richtung Norden. Es wird vermutet, dass er über Wittenberge in der brandenburgischen Prignitz fährt. Die Pause am Bahnhof Magdeburg-Buckau war laut Bundespolizei vor allem wegen eines Austauschs der Loks und eines Personalwechsels nötig. Rund um die Landeshauptstadt Sachsen-Anhalts wurden 24 Atomkraftgegner in Gewahrsam genommen, wie ein Sprecher der Bundespolizei sagte.

In Magdeburg-Westerhüsen waren demnach 19 Menschen auf den Gleisen - zu einem Zeitpunkt, als der Zug noch in Halle gestanden habe. Dort habe es ein technisches Problem gegeben, Atomkraftgegnern zufolge war der Grund eine defekte Weiche. Die Räumung der Schienen in Westerhüsen dauerte laut Bundespolizei etwa 45 Minuten und hatte keine Auswirkungen auf den weiteren Verlauf des Castor-Transports. Am Bahnhof in Magdeburg wurden fünf Atomkraftgegner in Gewahrsam genommen, weil sie auf den Gleisen unterwegs waren.

In Mecklenburg-Vorpommern machten sich Castor-Gegner an den Gleisen der möglichen Transportstrecke zu schaffen. Zwischen Rostock und Stralsund seien auf einer Länge von rund 30 Metern Steine bis auf eine Tiefe von zehn Zentimetern aus dem Gleisbett entfernt worden, sagte Polizeisprecher Axel Falkenberg im Einsatzzentrum Anklam. Die Bundespolizei habe den Schaden am frühen Donnerstagmorgen behoben. Der Zugverkehr habe deshalb kurzzeitig unterbrochen werden müssen.

Wegtragegebühr: Blockierer werden zur Kasse gebeten

Noch bevor der Castor-Transport Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern erreichte, hatten Atomkraftgegner an mehreren Orten in beiden Bundesländern bei Eiseskälte Mahnwachen gehalten. Kurz bevor der Zug mit seiner hoch radioaktiven Fracht gegen Mitternacht den Erfurter Hauptbahnhof passierte, kamen in Ingersleben nach Angaben der Bundespolizei Castor-Gegner der Strecke so nahe, dass der Zug sein Tempo auf 30 Stundenkilometer drosseln musste. Einen Stopp, wie von Atomkraftgegner vermeldet, habe es aber nicht gegeben. Die Polizei in Gotha berichtete von etwa 50 Menschen, die entlang der Strecke gegen den Transport demonstriert hatten. Auf die Gleise seien sie aber nicht gelangt.

Kurz vor dem Zielort Lubmin wollen Atomkraftgegner den Zug aber noch zum Halten zwingen. Wenige Kilometer vor dem Zwischenlager Nord solle es eine Blockade geben, sagte Ulrike Berger von den Grünen. Nach einem Bericht der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sollen Blockierer zur Kasse gebeten werden und eine sogenannte Wegtragegebühr zahlen. Das Blatt beruft sich auf einen vertraulichen Einsatzbefehl der Polizeidirektion Anklam. Die Höhe der Gebühren ergebe sich aus der Kostenverordnung des Landes und liege zwischen 30 und 57 Euro, je nach Dienstgrad des zupackenden Beamten.

Fünf-Zentner-Bombe führt zu Verzögerungen

Die Castor-Route wird von tausenden Sicherheitskräften überwacht. Auch Hubschrauber sind im Einsatz. Der Zug war am Dienstagabend in Südfrankreich gestartet und hatte nach Angaben der Bundespolizei am frühen Mittwochnachmittag ohne Zwischenfälle die deutsch-französische Grenze überquert. Dann ging es weiter über das Saarland, Rheinland- Pfalz und Baden-Württemberg nach Hessen.

In Saarbrücken führte der Fund einer Fünf-Zentner-Bombe aus dem Zweiten Weltkrieg nahe der Strecke zu leichten Verzögerungen. Eine Gefahr für den Castor-Zug habe aber nicht bestanden, teilte die Bundespolizei mit.

Fünf Wochen nach dem von Massenprotesten begleiteten Transport nach Gorleben war der aktuelle Castor-Transport bislang weitgehend ungestört unterwegs und wurde lediglich von kleineren Protestaktionen begleitet. Gegner müssen dabei auch dem Winterwetter trotzen - erwartet werden kräftige Schneefälle und eisige Temperaturen.

Der Zug transportiert in vier Spezialbehältern etwa 2.500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom deutschen Atomschiff "Otto Hahn", die jahrelang im südfranzösischen Kernforschungszentrum Cadarache lagerten.

dpa