Castor-Transport rollt quer durch Deutschland
Wieder rollt ein Atom-Transport durch Deutschland - diesmal ins Zwischenlager Nord bei Lubmin. Der aus Karlsruhe stammende Atommüll war zuletzt im französischen Cadarache deponiert. Atomkraft-Gegner stimmen sich auf Proteste ein; am Montag vor Merkels Wahlkreisbüro.
14.12.2010
Von Martina Rathke

Fünf Wochen nach dem von Massenprotesten begleiteten Atom-Transport nach Gorleben rollt ein weiterer Zug mit hochradioaktivem Material quer durch Deutschland. Der Zug soll am Dienstag in Südfrankreich starten. In den Castoren befinden sich rund 2.500 Brennstäbe aus dem Kernforschungszentrum Karlsruhe und vom Atomschiff "Otto Hahn", die jahrelang im Kernforschungszentrum Cadarache lagerten. Der Transport wird voraussichtlich am Donnerstag gegen Mittag das bundeseigene Zwischenlager Nord bei Lubmin erreichen. Genaue Informationen dazu will Mecklenburg-Vorpommerns Innenminister Lorenz Caffier (CDU) am Dienstag bekanntgeben.

"Zurück zum Absender"

Atomkraftgegner demonstrierten am Montag vor dem Stralsunder Wahlkreisbüro von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU). Unter dem Motto "Zurück zum Absender" rollten rund 40 Demonstranten symbolische Atomfässer durch die Innenstadt und forderten die Bundesregierung zum Atomausstieg auf. Stralsund liegt rund 40 Kilometer vom Zwischenlager entfernt. Die Bundespolizei hat eigenen Angaben zufolge seit Montag die Patrouillen verstärkt und die Zahl ihrer Einsatzkräfte allein am Endstück der Strecke zwischen Greifswald und Lubmin auf mehrere hundert erhöht. An dem 22 Kilometer langen Teilstück werden die größten Proteste erwartet.

Bereits am Samstag hatten rund 2.000 Atomkraft-Gegner, darunter auch Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsident Erwin Sellering (SPD), auf einer Demonstration in Greifswald eine Umkehr in derEnergiepolitik und den Verzicht auf den Transport gefordert.

Innenminister Lorenz Caffier (CDU) erinnerte an die langjährige Genehmigungsphase und kritisierte die Grünen und den früheren Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne). "Faktisch kriegt Mecklenburg-Vorpommern also nun den Müll, den die Grünen bestellt haben."

Mahnwachen geplant

Bei den hochradioaktiven Abfällen, die nun nach Mecklenburg-Vorpommern rollen, handelt es sich um Atommüll des Bundes, der langfristigen Verträgen zufolge von Deutschland zurückgenommen werden muss. Die vom Bundesamt für Strahlenschutz erteilte Genehmigung stößt in Mecklenburg-Vorpommern auf heftige Kritik, da die Einlagerung dem Willen der Landesregierung widerspricht. Ursprünglich war das Zwischenlager in Nähe des stillgelegten Atomkraftwerks Lubmin nur für die atomaren Hinterlassenschaften der DDR errichtet worden.

Voraussichtlich im Frühjahr 2011 wird ein weiterer Transport mit fünf Castoren aus der Wiederaufbereitungsanlage Karlsruhe (WAK) nach Lubmin rollen. Die WAK ist ein Tochterunternehmen der bundeseigenen Energiewerke Nord, die auch das Zwischenlager in Lubmin betreiben. Dann werden mit den 65 Castoren mit DDR-Atommüll und den erwarteten neun Castoren 74 von insgesamt 80 Castor-Stellplätzen belegt sein. Weitere Castor-Transporte soll es nach Angaben der Energiewerke Nord (EWN) als Betreiber nicht geben. Der Bund besitze keine weiteren hochradioaktiven Abfälle, wie eine Unternehmenssprecherin sagte.

Für Dienstag planen die Castor-Gegner Mahnwachen und eine Lichterkette von Greifswald in Richtung Lubmin. Am Abend wollen Atomkraft-Gegner unter dem Motto "Nazis abschalten" durch die Hansestadt ziehen und damit gegen eine Vereinnahmung des Protestes durch Neonazis demonstrieren.

dpa