Historiker sieht "Hetze" gegen den Koran
Die Anschläge auf muslimische Einrichtungen in Berlin sind nach Ansicht des Historikers Wolfgang Benz Folgen der öffentlichen Diskussion über Islam und Integration.

"Da wird Hass gesät, und das sind die unmittelbaren Früchte", sagte er der in Berlin erscheinenden Tageszeitung "Neues Deutschland" (Samstagsausgabe) unter Verweis auf das umstrittene Buch von Ex-Bundesbankvorstand Thilo Sarrazin. Wenn auf eine solche Weise "mit schlichten Parolen Überfremdungsängste" geschürt würden, dauere es bis zum ersten Brandsatz nicht lange.

In Berlin war seit Sommer mindestens fünf Mal versucht worden, eine Moschee in Brand zu stecken. In einem Fall wurde ein muslimisches Gebetshaus mit den Worten "Ihr Juden" beschmiert. Zuletzt war am vergangenen Donnerstagmorgen ein Brandsatz auf ein iranisches Kulturzentrum im Stadtteil Neukölln geworfen worden.

Verbindung zum Antisemitismus

Benz bekräftigte seine Aussage, wonach zwischen Antisemitismus und Islamfeindschaft eine enge Verbindung bestehe. "In beiden Fällen geht es darum, dass sich aus der Mehrheitsgesellschaft Hass gegen eine bestimmte Minderheit entwickelt", sagte der langjährige Direktor des Berliner Zentrums für Antisemitismusforschung.

Während früher oft Juden "als Kollektiv das Objekt des Hasses" waren, stellten nun "die sogenannten Islamkritiker" Muslime als "Bösewichte" und "unsere Feinde" dar. Nach der seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert bekannten "Talmud-Hetze" stehe derzeit die "Koran-Hetze von selbsternannten Experten in vollster Blüte", sagte Benz.

epd