TV-Tipp: "Unter Verdacht: Laufen und Schießen" (Arte)
Kriminalrätin Eva Prohacek ermittelt: Weil sich Einbrüche in Villen häufen, bei denen die Kripo stets zu spät eintrifft, steht das Münchner Polizeirevier 37 im Visier der internen Ermittlung.
10.12.2010
Von Tilmann P. Gangloff

"Unter Verdacht: Laufen und Schießen", 10. Dezember, 20.15 Uhr auf Arte

Polizisten, die derart aus der Art schlagen, kennt man in der Regel nur aus amerikanischen Krimis. In diesem Film von Wolfgang Stauch (Buch) und Ed Herzog (Regie) tragen sie auch noch die Namen Jung und Schön. Dabei sind sie in erster Linie korrupt: Wann immer in ihrem Revier der Einbruchsalarm losgeht, sind die Herren prompt zur Stelle und achten darauf, dass die Einbrecher in aller Ruhe die Villen ausräumen können. Um Jung und Schön überführen zu können, gibt sich Langner (Rudolf Krause) als Streifenpolizist aus und lässt sich geduldig von den beiden Kollegen schikanieren. Als eine junge Beamtin ums Leben kommt, stellt sich raus, dass der Fall viel größer ist, als Kriminalrätin Prohaczek (Senta Berger) ahnen konnte.

Geradezu genüsslich inszeniert Herzog die beiden Polizisten als Gangster in Uniform. Vor allem Tim Bergmann, viel zu oft auf den Charmeur in mehr oder minder melodramatischen Liebesfilmen festgelegt, mimt mit Lust den verkoksten Schnösel, der Mitarbeiter mit Hingabe mobbt und eine neue Kollegin (Rosalie Thomass) nach Herzenslust chauvinistisch schikaniert. Mit der jungen Frau bekommt die Geschichte eine größere Dimension, denn nun stellt sich raus, dass Jung und Schön (den Partner spielt Philipp Moog) auch als Kuriere tätig waren: Offenbar sind die herausragenden Erfolge der Biathleten aus der Polizeisportschule nicht zuletzt durch Doping zustande gekommen. Dem aalglatten Manager (Justus von Dohnányi) ist allerdings nichts nachzuweisen.

Ausnahmsweise steht Prohaczeks karrieristischer Chef Claus Reiter (Gerd Anthoff) diesmal auf der richtigen Seite, wenn auch bloß aus gewohnt eigennützigen Motiven: Man hat ihn bei der Berufung in ein Sportkomitee übergangen. Entsprechend engagiert fädelt er am Ende ein Komplott ein, um schließlich auch den zuständigen Ministerialdirigenten (Johann von Bülow) zu überführen. Dabei sind Reiters boshafte Dialoge ebenso entlarvend wie die Kungelei rund um die erfolgreichen Biathleten: Wer aus der Rolle fällt und durch die Gegend ballert, kommt mit einem Verweis davon. Erneut ein ausgezeichnet gespielter, neunzig Minuten lang fesselnder Film aus der bereits mehrfach preisgekrönten Reihe "Unter Verdacht". Und selbst, wenn es sonst keinen Grund gäbe, das Werk zu loben: Schon allein Senta Bergers großartige Leistung macht "Laufen und Schießen" sehenswert.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).