Fachleute: Pflegeberuf muss attraktiver werden
Angesichts des wachsenden Personalmangels in der Pflege fordern Spitzenpolitiker und Verbände, die Attraktivität des Pflegeberufs deutlich zu steigern. Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) rief die Pflegebranche am Dienstag in Berlin dazu auf, mehr für die Aus- und Weiterbildung zu tun. Außerdem müssten die Arbeitgeber in den von Frauen dominierten Pflegeberufen familienfreundliche Arbeitsplätze anbieten.

Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler (FDP) sprach sich für höhere Löhne und eine Reform der Ausbildung aus. Der Deutsche Pflegerat verlangte eine Abkehr von der Minutenpflege. Rösler beriet in einem "Pflegedialog" mit Vertretern von Vereinen und Verbänden über Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel. Vor dem Treffen sagte der Minister im Deutschlandradio Kultur, wer hervorragende Fachkräfte haben wolle, müsse auch bereit sein, sie hervorragend zu bezahlen. Der gesetzliche Mindestlohn von 8,50 Euro werde derzeit "zum Glück" von vielen Pflegeeinrichtungen überboten.

Wenn die Ausbildung von Kranken- und von Altenpflegern stärker zusammengeführt werde, hätten Nachwuchskräfte mehr Möglichkeiten, geeignete Arbeitsplätze zu finden, führte der Minister aus. Zudem müsse das Pflegepersonal im Alltag besser unterstützt werden. "Wer im Beruf Leid, Sterben und Tod erlebt, sollte die Möglichkeit haben, diese Erlebnisse zu verarbeiten, zum Beispiel durch Supervision." Pflegekräfte könnten auch durch die Einstellung von Hilfskräften entlastet werden. Diese könnten Aufgaben übernehmen, die nicht unmittelbar mit der Pflege am Menschen zu tun hätten.

Zusatzversicherung noch unklar

Zur zukünftigen Finanzierung der Pflege wollte sich der FDP-Minister nicht äußern. Es sei überhaupt noch nicht geklärt, wie eine neue, ergänzende Zusatzversicherung aussehen solle. Neben dem Fachkräftemangel müssten erst einmal Probleme wie der Umgang mit Angehörigen und die Berücksichtigung von Demenz im Pflegebild gelöst werden. Erst wenn man wisse, was die Pflegeversicherung genau leisten soll, könne man sich seriös Gedanken über die Finanzierung machen.

Zur Beseitigung des Fachkräftemangels sei die Zuwanderung von ausländischen Pflegekräften nötig, sagte Arbeitsministerin von der Leyen. Hierfür sprach sich auch der Deutsche Pflegerat aus. "Ohne qualifizierte Pflegekräfte aus dem Ausland werden wir die wachsende Alterung in Deutschland nicht bewältigen können", sagte der Präsident des Dachverbandes, Andreas Westerfellhaus. Er forderte eine umfassende Pflegereform und eine Abkehr von der Minutenpflege.

Krankenkassen wollen mehr Ausbildungsplätze

Mehr Ausbildungsplätze und attraktivere Rahmenbedingungen forderten die Gesetzlichen Krankenkassen (GKV). Bund, Länder, Kommunen und alle weiteren Beteiligten müssten Hand in Hand arbeiten, um auch Vor-Ort-Lösungen zu ermöglichen", sagte Gernot Kiefer, Vorstand des GKV-Spitzenverbandes. Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen-Bundestagsfraktion, Elisabeth Scharfenberg, forderte konkrete Taten. Sie hoffe, dass es nicht "bei den eher einfallslosen Worten" von Minister Rösler bleibe und er mit seinem Engagement nicht nur davon ablenken wolle, "dass in den Hinterzimmern bereits an der unsolidarischen Finanzreform der Pflegeversicherung gestrickt wird".

Die Deutsche Hospiz-Stiftung machte Pflegeverbände und -einrichtungen für den Fachkräftemangel verantwortlich. "Es waren die Organisationen selbst, die die Pflegekräfte eingespart haben", sagte der geschäftsführende Vorstand Eugen Brysch. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes werden im Jahr 2025 rund 152.000 Pflegekräfte fehlen.

epd