EKD-Ratsvorsitzender gegen aktive Sterbehilfe
Der Ratsvorsitzende der EKD, Nikolaus Schneider, hat sich gegen aktive Sterbehilfe ausgesprochen. Organisationen, die sich für aktive Sterbehilfe einsetzen, sehe er mit "großer Skepsis".

Organisationen wie den Schweizer Verein Dignitas, der sich für aktive Sterbehilfe einsetzt, sehe er mit "großer Skepsis", sagte Schneider am Montagabend in der ARD-Sendung "Beckmann". Dignitas bietet seinen Mitgliedern auf Anfrage Beratung, Begleitung und Beihilfe zum Suizid an.

Schneider: "Geltende Rechtsprechung ausreichend"

Die geltende Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) beurteilte Schneider als ausreichend. "Wenn ein Leben ans Ende gekommen ist, sollte man es nicht künstlich verlängern." Patientenverfügungen und Vollmachten seien hier angemessene Möglichkeiten. Ein Sterben in Würde sei ein umsorgtes und möglichst schmerzfreies Sterben, das die Chance biete, von wichtigen Menschen Abschied zu nehmen.

Im Juni hatte der BGH in einem Grundsatzurteil den Abbruch lebensverlängernder medizinischer Maßnahmen als passive Sterbehilfe für zulässig erklärt. Die Behandlung von unheilbar erkrankten und selbst nicht mehr entscheidungsfähigen Patienten dürfe jederzeit abgebrochen werden, wenn der Patient dies zuvor so geäußert oder veranlasst habe, entschieden die Richter in Leipzig.

"Wir brauchen eine neue Sterbekultur in Deutschland"

In der Gesprächssendung wurde unter dem Titel "Sterbehilfe - wer darf bestimmen, wie wir sterben" der Fall der gelähmten Bettina Koch diskutiert, mit dem sich gerade der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte befasst. Der 67-jährige Witwer Ulrich Koch hatte Beschwerde eingelegt, weil seine Frau in Deutschland kein Medikament für den selbstgewählten Freitod bekommen hatte. 2005 nahm sich Bettina Koch mit Hilfe von Dignitas in der Schweiz das Leben. Mit einem Urteil des Menschenrechtsgerichtshof wird erst im kommenden Jahr gerechnet.

Bettina Koch wäre es bereits 2005 möglich gewesen, ihr Leben in Deutschland durch den Abbruch der künstlichen Beatmung und Ernährung zu beenden, betonte dagegen der Notfallmediziner Michael der Ridder. Die Ärzte hätten sie dann nicht gegen ihren Willen behandeln dürfen. Der Mediziner forderte zudem, die ärztliche Beihilfe zum Suizid in Ausnahmefällen zu erlauben und die Palliativmedizin massiv auszubauen. "Wir brauchen eine neue Sterbekultur in Deutschland", sagte der Ridder. Menschen und Medizin müssten lernen loszulassen und Sterblichkeit annehmen.

In Deutschland ist aktive Sterbehilfe verboten. Indirekte und passive Sterbehilfe sind erlaubt. Auch Beihilfe zum Suizid ist nicht strafbar, solange der Patient das tödliche Medikament selbst und aus freiem Willen einnimmt. Die gewerbliche Vermittlung von Suizid-Hilfe, wie sie der Verein Dignitas leistet, soll nach Plänen der Bundesregierung unter Strafe gestellt werden. Ärzte bewegen sich beim assistierten Suizid in einer rechtlichen Grauzone. Bislang gilt ärztliche Beihilfe zum Suizid als unvereinbar mit dem ärztlichen Berufsverständnis.

epd