Unternehmer: Jeder achte Einwanderer ist selbstständig
Migranten gründen schneller Unternehmen als Deutsche, sie erleben aber auch häufiger Pleiten. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration hervor. Der Kölner Software-Entwickler und Firmengründer Efkan Kara kennt die Chancen und Probleme, die Zuwanderer hierzulande mit der Selbstständigkeit haben.
03.12.2010
Von Miriam Bunjes

Efkan Kara arbeitet 80 Stunden pro Woche, mindestens. "So ist das eben, wenn man eine eigene Firma hat", sagt der 41-Jährige. "Die Familie kommt danach." Zwei Söhne und eine Tochter hat er. Die Jungen sind zwölf und sechzehn. "Sie wollen Wirtschaftsinformatik oder BWL studieren", sagt Kara. "Darüber reden wir schon, seit sie drei sind." Seine Jüngste ist erst zwei. Aber dass die Kinder später den Betrieb übernehmen sollen, steht für ihren Vater fest. "Unternehmer sein ist besser als angestellt", sagt der Kölner.

Die Kara AG bietet Softwarelösungen für Energieversorger und Chemiefirmen an. Efkan Kara hat sie 2001 als Ein-Mann-Betrieb gegründet. "Softwareanbieter für den Energiemarkt gab es kaum, das boomte dann schnell." Heute hat er 20 Angestellte und eine Tochterfirma in der Türkei - der Heimat seiner Eltern. Damit ist er einer von immer mehr Unternehmern mit Migrationshintergrund. Etwa zwölf Prozent der Ausländer sind selbstständig, zeigt die Studie des Sachverständigenrates deutscher Stiftungen für Integration und Migration. 14 Prozent sind es bei den sogenannten Herkunftsdeutschen, deren Quote aber viel langsamer wächst. Bei den Neugründungen liegen die Einwanderer vorn, bei den Pleiten allerdings auch.

Beratungsangebote unbekannt

Die Studie untersucht, welche Beratungsangebote es für Migranten-Unternehmer gibt und wie sie sie nutzen. Ergebnis: Öffentliche Fördermittel für die Finanzierung von Existenzgründung werden kaum genutzt, es unterstützen Familie und Freunde. Jeder Vierte bleibe letztlich aber ohne Hilfe. Beratungsangebote für gründungswillige Migranten sind vielen unbekannt. Und so wird oft zu schnell gegründet: Bei 44 Prozent vergingen zwischen Idee und Gründung gerade drei Monate. Ohne Business-Plan entsteht schnell eine Pleite, weiß auch Suat Bakir, Geschäftsführer der Türkisch-Deutschen Industrie- und Handelskammer, einer Kooperation zwischen deutschen und türkischen Handelskammern. "Dabei gibt es viele gute Finanzierungswege für Gründer", sagt Bakir.

Migranten müssten anders angesprochen werden, findet er. Mit anders meint Bakir vor allem die Informationswege. Man müsse die Gruppen über ihre Zeitungen und Internetportale, Vereine und Gemeinden ansprechen. "Deutschland muss das Potenzial, das die gründungswilligen Migranten mitbringen, besser ausschöpfen", so Bakir. "Durch Gründungen entstehen Arbeits- und Ausbildungsplätze und durch den Einwanderungshintergrund Zugänge zu anderen Märkten." Von Gründern mit türkischen Wurzeln würden heute vor allem Softwarefirmen gegründet. "Der Dönerladen, in dem nur die Familie arbeitet, ist ein Klischee, das so gar nicht mehr stimmt", sagt Bakir.

"Als türkisch-deutscher Unternehmer in der Pflicht"

Efkan Kara hat sich selbstständig gemacht, als er als angestellter Wirtschaftsinformatiker mit seinem Gehalt unzufrieden war. Förderangebote suchte er sich im Internet. "Viele Türken machen das nicht so", sagt er. "Sie beraten sich nur in ihrem Umfeld." Efkan, für die CDU im Kölner Stadtrat, will deshalb Informationen über Selbstständigkeit in Migrantenkreisen bekannter machen. Diese Rolle könnten auch die unter Migranten bekannten Industrie- und Handelskammern vor Ort übernehmen, kritisiert der Sachverständigenrat deren Zurückhaltung.

Efkan Kara ist es wichtig, Jugendlichen mit Migrationshintergrund Ausbildungsplätze anzubieten. "Bei der Bildung funktioniert die Integration in Deutschland nicht gut. Dies zeigen die Pisa-Studien. Als türkisch-deutscher Unternehmer sehe ich mich da in der Pflicht."

epd