Die Reform soll zum 1. Januar in Kraft treten. Der Bundesrat muss ihr am 17. Dezember noch zustimmen. Mit dem Gesetz werde die präventive Wirkung der Sicherungsverwahrung gestärkt, zugleich bleibe sie aber "rechtsstaatliche Ausnahme und künftig wieder das letzte Mittel der Kriminalpolitik", sagte Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) anlässlich der Abstimmung. Im Zentrum stehe der Schutz von Leib und Leben: "Serienbetrüger, Diebe oder Urkundenfälscher sind kein Fall für die Sicherungsverwahrung", so die Ministerin.
Elektronische Fußfessel möglich
Die rechtlich umstrittene nachträgliche Sicherungsverwahrung soll mit dem neuen Gesetz weitgehend abgeschafft werden. Dafür wird die vorbehaltene Anordnung der Sicherungsverwahrung ausgeweitet. Mit dem Vorbehalt durch den Richter soll Druck auf den Straftäter ausgeübt werden, damit dieser während der Haftzeit für seine Resozialisierung eintritt und zum Beispiel eine Therapie macht. Festgehalten wird außerdem an der Möglichkeit, freigelassene Täter mit einer elektronischen Fußfessel überwachen zu können.
Der Rechtsausschuss im Bundestag hatte am Mittwoch einer weiteren Einschränkung der Taten zugestimmt, die eine Sicherungsverwahrung nach sich ziehen können. Bei Vermögensstraftaten oder "gemeingefährlichen Straftaten", etwa der Brandstiftung, soll sie nicht mehr möglich sein. Die SPD kritisierte trotz ihrer Zustimmung für das Gesetz, dass die Koalition nicht auch das Jugendstrafrecht angepasst hat. Dort bleibe die nachträgliche Sicherungsverwahrung zunächst einmal möglich, erläuterte die SPD-Rechtsexpertin Christine Lambrecht.
Kritik von Grünen und Linken
Grüne und Linke kritisierten, dass zwar der Katalog von Taten eingeschränkt wurde, für die eine Sicherungsverwahrung in Frage komme. Für schwere Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz oder dem Völkerstrafgesetzbuch bleibe sie aber möglich. Halina Wawzyniak von der Linksfraktion ergänzte, die vorbehaltene Sicherungsverwahrung sei ein "Damoklesschwert", das jeden therapeutischen Ansatz zunichtemache. Jerzy Montag von der Grünen-Fraktion sagte, das Gesetz sei "zu schlecht, um ihm zuzustimmen".
Hintergrund der Neuregelung ist ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom Dezember 2009. Danach musste Deutschland Personen, die vor dem 30. Januar 1998 in Sicherheitsverwahrung genommen worden waren, sofort freilassen. Das Straßburger Gericht hatte moniert, die Bundesrepublik habe in diesen Fällen die damals geltende Regelung missachtet, nach der die Sicherheitsverwahrung höchstens zehn Jahre betragen dürfe.
Auch Therapiegesetz beschlossen
Der Bundestag stimmte in diesem Zusammenhang auch für ein Gesetz zur Therapierung und Unterbringung psychisch gestörter Gewalttäter. Es kann künftig auf die rund 500 Fälle angewendet werden, die aufgrund des Urteils des Europäischen Menschenrechts-Gerichtshofs aus der Sicherungsverwahrung entlassen wurden oder werden. In Einzelfällen ist es damit möglich, Gewalt- und Sexualstraftäter zur Therapie in einer geschlossenen Einrichtung unterzubringen.