"Perlentaucher"-Streit geht weiter
Der Prozess, den FAZ und SZ gegen den Perlentaucher angestrengt haben, geht in eine neue Runde. Der Bundesgerichtshof (BGH) hob am Mittwoch ein für das Kulturportal positives Urteil auf und verwies die Sache an das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt zurück.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main muss neu prüfen, ob das Internetportal "Perlentaucher" aus Buchkritiken der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) und der "Süddeutschen Zeitung" zitieren darf, wenn die Zusammenfassungen weiterverkauft werden. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe wies den Fall am Mittwoch an das Berufungsgericht zurück. Sowohl "Perlentaucher" als auch die FAZ begrüßten den Richterspruch. (AZ: I ZR 12/08)

Urheberrechtsstreit

Der Internetdienst erstellt Zusammenfassungen von Rezensionen aktueller Literatur und verkauft sie an Internetanbieter wie "buecher.de" und "amazon.de". Die Kurz-Rezensionen, die auch wörtliche Zitate aus den Zeitungsartikeln enthalten, ergänzen die Produktbeschreibungen der Bücher-Verkaufsseiten im Internet. Die Zeitungen sehen darin ihr Urheberrecht verletzt. Sie werfen "Perlentaucher" vor, damit Geld zu verdienen und Internetnutzer vom Lesen der Originalkritiken und damit möglicherweise auch ihrer Zeitungen abzuhalten.

Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hatte im Dezember 2007 eine Entscheidung des Frankfurter Landgerichts vom November 2006 bestätigt, wonach die Verwendung der Zitate zulässig sei. Gerade in der Komprimierung könne eine "eigene schöpferische Leistung" liegen, urteilte das OLG damals. Es komme darauf an, ob das sogenannte Abstract "gegenüber dem Original einen eigenständig schöpferischen Gehalt habe, obwohl das besprochene Original in seinen wesentlichen Gedanken mitgeteilt wird". Auch aus Marken- und Wettbewerbsrecht ergebe sich kein Anspruch auf Unterlassung.

BGH verlangt genauere Prüfung

Der BGH bestätigte die Auffassung des OLG in Teilen. Es sei zwar richtig, dass die urheberrechtliche Zulässigkeit einer Verwertung der Abstracts "allein davon abhängt, ob es sich bei den Zusammenfassungen um selbstständige Werke handelt". Allerdings, so der BGH, habe das OLG bei seiner Prüfung, ob die von der Klägerin beanstandeten Abstracts diese Voraussetzung erfüllen, "nicht die richtigen rechtlichen Maßstäbe angelegt". Zudem seien nicht alle relevanten Umstände berücksichtigt worden.

"Perlentaucher"-Geschäftsführer Thierry Chervel sagte dem epd: "Für uns ist das ein Erfolg." Der BGH habe deutlich gemacht, dass das Geschäftsmodell des Internetdienstes nicht infrage stehe. Zugleich bedauerte er, dass sich das Verfahren, das bereits seit vier Jahren die Gerichte beschäftigt, nun noch länger hinzieht.

Auch die FAZ begrüßte die BGH-Entscheidung. Das Urteil des OLG Frankfurt sei in wesentlichen Punkten aufgehoben. "Dadurch sehen wir insbesondere den Schutz des Urheberrechts gestärkt", sagte ein Sprecher dem epd.

Das OLG muss jetzt erneut prüfen, ob es sich bei den beanstandeten Abstracts um selbstständige Werke im Sinne des Urhebergesetzes handelt. Der BGH betonte, dass dabei jeder Einzelfall gesondert betrachtet werden müsse. Bei der Beurteilung sei auch zu berücksichtigen, dass "in aller Regel nur die sprachliche Gestaltung und nicht der gedankliche Inhalt einer Buchrezension Urheberrechtsschutz genießt". Es sei urheberrechtlich grundsätzlich zulässig, den Inhalt eines Schriftwerks in eigenen Worten zusammenzufassen und diese Zusammenfassung zu verwerten.

epd