Bischofswahl: Vertrauensbeweis für leidenschaftlichen Prediger
Die 24. Landessynode der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers hat den Berliner Generalsuperintendenten Ralf Meister zum neuen Landesbischof gewählt. Meister bekam 64 von 76 abgegebenen Stimmen und lag damit 12 Stimmen über der erforderlichen Zwei-Drittel-Mehrheit von 52 Stimmen. Es gab keine Gegenstimmen und 12 Enthaltungen.

Im zweiten Wahlgang läuft alles glatt. Einen Moment lang blickt Ralf Meister (48) versonnen nach unten, bevor er sich mit einem strahlenden Lächeln dem Blitzlichtgewitter der Fotografen stellt. Mit deutlicher Zwei-Drittel-Mehrheit ist der bisherige Berliner Generalsuperintendent am Donnerstag zum neuen Bischof der hannoverschen Landeskirche und damit zum Nachfolger von Margot Käßmann gewählt worden. "Mit Gottes Hilfe, ich nehme die Wahl an", sagt er. Nach dem Rückzug seines Mitbewerbers Wolfgang Gern (59) am Vorabend war Meister der einzige Kandidat.

Mit langen Schritten geht der hoch gewachsene Norddeutsche zum Rednerpult: "Ich danke Ihnen von Herzen für diesen großen Vertrauensbeweis am Beginn einer großen neuen Aufgabe in Ihrer Landeskirche." Die Mitglieder des Kirchenparlaments erheben sich, klatschen Staccato. Der stellvertretende Landesbischof Hans-Hermann Jantzen gratuliert als erster. Synodenpräsident Jürgen Schneider überreicht Blumen. Der künftige Bischof richtete seinen ersten Dank ausdrücklich an Wolfgang Gern, mit dem er "berührende und geistreiche Begegnungen" gehabt habe.

Erst zum zweiten Mal zwei Kandidaten in Hannover

Meister bekam 64 Stimmen der 76 anwesenden Kirchenparlamentarier und übertraf damit bei zwölf Enthaltungen deutlich die erforderliche Mehrheit von 52 Stimmen. Er tritt damit an die Spitze der größten deutschen evangelischen Landeskirche. Am 26. März 2011, gut ein Jahr nach Käßmanns Rücktritt, soll er in der Marktkirche in Hannover in sein neues Amt eingeführt werden.

Wie schon vor elf Jahren, als sich Käßmann als hessische Außenseiterin gegen einen erfahrenen Mitbewerber der Landeskirche durchsetzte, erhielt die Wahl durch den Rückzug Gerns eine unerwartete Dramaturgie. Der Frankfurter hatte im ersten Wahlgang drei Stimmen weniger als Meister erhalten und wollte sich weiteren zermürbenden Wahlgängen nicht aussetzen.

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Dadurch waren die Kirchenparlamentarier unfreiwillig wieder in der Situation, nur einen Kandidaten für das höchste geistliche Amt zu haben. In der 85-jährigen Geschichte der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers hatte es bisher nur bei der Wahl Käßmanns zwei Bewerber gegeben. Alle ihre Vorgänger, angefangen von August Marahrens als erstem Bischof im Jahr 1925 über Hanns Lilje, Eduard Lohse und Horst Hirschler traten als einzige Kandidaten an. Sie erreichten jeweils im ersten Wahlgang die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit.

Hätte Meister am Donnerstag diese Mehrheit verfehlt, hätte die Landeskirche vor einem Scherbenhaufen gestanden. Denn für einen dritten Wahlgang sind laut Kirchenverfassung mindestens zwei Kandidaten zwingend vorgeschrieben. Die schwierige Suche nach Kandidaten hätte dann von neuem beginnen müssen.

Mehr Öffnung, mehr Basis, mehr Sparkurs

Mit Meister tritt ein leidenschaftlicher Prediger und erfahrener Medienprofi an die Spitze der Landeskirche. Seit zwei Jahren leitet er als Generalsuperintendent den evangelischen Sprengel Berlin mit 800.000 Gemeindemitgliedern und 400 Pfarrern. Der Theologe sieht es als eine Lebensaufgabe an, die christliche Botschaft unter die Menschen zu bringen.

Es sei eine Herausforderung, auch schwierige theologische Themen so aufzuarbeiten, dass jeder sie verstehen kann, sagt der verheiratete Vater von drei Kindern. "Das gelingt oft, aber nicht immer." Als Generalsuperintendent in der Hauptstadt kämpft der gebürtige Hamburger und frühere Lübecker Propst gegen den "verbreiteten Gewohnheitsatheismus". Bundesweit ist er vor allem als Sprecher des "Wortes zum Sonntag" bekannt.

Zum Start in Hannover findet der künftige Bischof eine finanziell vorerst sanierte Kirche vor. Durch ein konsequent eingehaltenes Sparpaket hat die Synode die langjährigen Haushaltsdefizite in den Griff bekommen, so dass sie für die nächsten Jahren ihren Sparkurs sogar abmildern kann. Für Meister gibt es dennoch genug zu tun. Die meisten Synodalen wünschen sich, dass er den von Käßmann eingeschlagenen Kurs der Öffnung fortführt und dabei zugleich die Rückkoppelung mit Verwaltung und Basis verstärkt.

Auch in den kommenden Jahrzehnten steht die Landeskirche angesichts zurückgehender Finanzen und Mitgliederzahlen vor großen Anstrengungen. Sie muss weiter Personal abbauen und Gebäude abgeben, ohne ihre Präsenz in der Fläche zu gefährden. Hinzu kommt ein spürbarer Traditionsabbruch, dem die Kirche unter anderem durch ein stärkeres Engagement in Bildung und Schulen begegnen will.

 

epd