TV-Tipp: "Mordkommission Istanbul" (ARD)
Bei einem Banküberfall wird ein Wachmann erschossen. Der Bankräuber kann es nicht gewesen sein, die Beute taucht schon einen Tag vorher auf und die türkische Leiterin der Bankfiliale hat einen österreichischen Akzent (das hat allerdings nichts mit dem Plot zu tun).
19.11.2010
Von Tilmann P. Gangloff

Samstag, 20. November: "Mordkommission Istanbul: In deiner Hand", ARD, 20.15 Uhr

Wenn im Krimi zwei Handlungsebenen anscheinend gar nichts miteinander zu tun haben, kann man darauf wetten, dass die Verknüpfung beiden Erzählstränge am Ende zur Auflösung des Falls führt. In diesem dritten Fall für den Istanbuler Kommissar Mehmet Özakin (Erol Sander) liegen die Dinge dagegen ganz anders. Es gibt zwar auch die berühmte weitere Ebene, die ganz beiläufig erzählt wird, aber niemand ahnt, dass ein Verbrechen in Wirklichkeit zwei sind.

In diesem Rätsel liegt der große Reiz des von Helmut Metzger routiniert inszenierten Krimis (Drehbuch: Stefan Kuhlmann, nach dem gleichnamigen Roman von Hülya Özkan). Die Geschichte beginnt mit einem Banküberfall, in dessen Verlauf der Wachmann erschossen wird. Doch jede Antwort, die Özakin und sein Mitarbeiter Mustafa (Oscar Ortega Sánchez) finden, wirft noch mehr Fragen auf: Der Wachmann ist unmöglich vom Bankräuber erschossen worden. Und wie kann es sein, dass zwar markierte Scheine aus der Beute aufgetaucht sind - aber schon am Tag vor dem Überfall? Sie waren im Besitz eines Imbissbetreibers, der den Überfall auch gesteht; dabei kann er's gar nicht gewesen sein. In der Wohnung des Wachmanns finden sich zudem detaillierte Unterlagen über einige Kunden der Bank, und die hübsche Kassiererin (Sibel Kekilli) hütet gleichfalls ein Geheimnis, dass sie nur ungern preisgibt.

Hört man darüber hinweg, dass der österreichische Akzent von Barbara Wussow überhaupt nicht zu ihrer Rolle als türkische Leiterin der Bankfiliale passt, ist der Film "In deiner Hand" gerade wegen der undurchsichtigen, komplexen Handlung sehenswert; mit der Lösung des Bankraubs ist die Geschichte noch längst nicht zuende. Amüsant sind auch die Seitenhiebe des eher unreligiösen Özakins gegen seinen Freund und Kollegen, der der Mutter zuliebe das Fastengebot des Ramadan einhält und deshalb den ganzen Tag hungrig ist. Die Filmreihe fasziniert ja ohnehin nicht zuletzt durch ihr vielschichtiges Gesellschaftsbild: Der westliche Lebensstil von Özakin und Gattin Sevim (Idil Üner), einer Lehrerin, steht immer wieder im Kontrast zu den streng gläubigen und entsprechend patriarchalischen Familien.


Der Autor unserer TV-Tipps, Tilmann P. Gangloff, setzt sich seit über 20 Jahren als freiberuflicher Medienkritiker unter anderem für "epd medien" und verschiedene Tageszeitungen mit dem Fernsehen auseinander. Gangloff (geb. 1959) ist Diplom-Journalist, Rheinländer, Vater von drei Kindern und lebt am Bodensee. Er gehört seit Beginn der 1990er Jahre regelmäßig der Jury für den Adolf-Grimme-Preis an und ist ständiges Mitglied der Jury Kinderprogramme beim Robert-Geisendörfer-Preis, dem Medienpreis der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD).