Vier Wochen nach Ausbruch der Cholera in Haiti ist die Seuche auch im Nachbarland Dominikanische Republik angekommen. Ein haitianischer Gastarbeiter erkrankte bei einem Heimatbesuch und wurde im Osten der Dominikanischen Republik in einem Krankenhaus isoliert, wie das Gesundheitsministerium in Santo Domingo am Dienstagabend (Ortszeit) mitteilte. Seit dem Ausbruch der Cholera am 19. Oktober sind in Haiti bereits über 1000 Menschen gestorben. Der bitterarme Karibikstaat leidet noch immer unter dem zerstörerischen Erdbeben von Anfang des Jahres.
Bei dem ersten Fall in der Dominikanischen Republik handelt es sich nach Angaben des Ministeriums um einen Bauarbeiter. Der Mann war am Wochenende aus Haiti zurückgekehrt und hatte auf dem Landweg das ganze Land durchquert, berichtete die Zeitung "El Nacional".
[listbox:title=Was ist Cholera?[Cholera ist eine bakterielle Erkrankung des Dünndarms und verursacht lebensgefährliche Durchfälle. Patienten können mehr als 20 Liter Wasser am Tag verlieren. Im Extremfall führt Cholera binnen weniger Stunden zum Tod durch Austrocknung, Nierenversagen und Kreislaufkollaps. Die meisten Menschen infizieren sich über Trinkwasser, das mit Fäkalien verschmutzt ist, oder über verunreinigte Lebensmittel. Sauberes Wasser mit Elektrolyten und Salzen, intravenöse Flüssigkeitsversorgung und Antibiotika können Cholera erfolgreich bekämpfen. Wasserdesinfektion durch Sonnenstrahlung hilft in wenig entwickelten Gegenden, der Cholera erfolgreich vorzubeugen (das SODIS-Verfahren).]]
Das Gesundheitsministerium erklärte weiter, es gebe keinen Grund zur Besorgnis, da der Infizierte von den Gesundheitsbehörden überwacht werde. Die Grenzkontrollen wurden verschärft. In der Dominikanischen Republik leben über eine Million Haitianer. Haiti und die Dominikanische Republik teilen sich die Insel Hispaniola östlich von Kuba.
Lage "sehr ernst"
Das Auswärtige Amt in Berlin warnte vor einem Ausbruch der Seuche in der Dominikanischen Republik. Ein Ministeriumssprecher bezeichnete die Lage am Mittwoch als "sehr ernst". "Wir müssen bisher von knapp 1000 Toten der Epidemie ausgehen. Und das ist nur die offizielle Zahl der haitianischen Behörden", sagte Ministeriumssprecher Andreas Peschke. Die Dunkelziffer liege vermutlich weit höher. Allen Urlaubern empfahl das Auswärtige Amt, die Entwicklung auf der Insel genau zu verfolgen.
In Haiti kämpften die Ärzte weiter gegen die um sich greifende Seuche. Der Andrang neuer Patienten überforderte die neuen provisorischen Behandlungszentren in der Hauptstadt Port-au-Prince, wie der britische Sender BBC unter Berufung auf die Hilfsorganisation "Ärzte ohne Grenzen" in der Nacht zum Mittwoch berichtete. "Falls die Zahl der Erkrankten weiter so rasch steigt, müssen wir drastische Maßnahmen anwenden, um die Menschen behandeln zu können", sagte Projektleiter Stefano Zannini.
Das Rote Kreuz ging dazu über, Kurzmitteilungen mit Hygieneempfehlungen über Mobilfunk zu versenden. Eine lautet: "Bringen Sie jede Person mit Durchfall, Erbrechen oder Bauchschmerzen in ein Gesundheitszentrum. Geben Sie der Person viel vorbehandeltes Wasser oder Spezialsalzlösung zu trinken." Seit Ausbruch der Epidemie habe das Rote Kreuz über zwei Millionen solcher Kurznachrichten verschickt, teilte die Hilfsorganisation am Mittwoch in Berlin mit. Mobiltelefone sind das meist verbreitete Kommunikationsmittel Haitis, das Mobilnetz ist seit dem Erdbeben im Januar zuverlässiger als das Festnetz.
Schwere Unruhen im Vorfeld der bevorstehenden Wahl
Die Ausbreitung der Seuche im Haiti hat kurz vor den Wahlen am 28. November bereits zu schweren Unruhen geführt. Der gewalttätige Protest mit zwei Toten im Norden des Landes hatte sich am Montag hauptsächlich gegen die UN-Mission Minustah gerichtet, die seit 2004 in Haiti stationiert ist. Die Demonstranten warfen den UN-Blauhelmen vor, die Krankheit aus Nepal eingeschleppt zu haben. Das haben die UN stets zurückgewiesen. Auch Präsident Réval sprach von einer politischen Provokation.
Probleme bereitet zunehmend auch die Beseitigung der Leichen, die in Massengräbern beigesetzt werden müssen. "Wir sind schon von den Verwandten mit Steinen beworfen worden, weil sie nach ihren Toten verlangten", sagte Andreas Fabricius vom Roten Kreuz, das in Arcahaie 30 Kilometer nördlich von Port-au-Prince ein Behandlungszentrum betreibt. Hier sei Unterstützung der Behörden notwendig.
In Haiti sowie in der Dominikanischen Republik hat es bis zum jüngsten Ausbruch seit über einem Jahrhundert keinen registrierten Cholera-Fall gegeben. Bis zu 70.000 Menschen sind nach Angaben von Caritas International in Haiti bereits mit dem Erreger infiziert und sorgten für eine weitere Verbreitung. Die Krankheit wird hauptsächlich durch bakterienverseuchtes Wasser übertragen.