Filmkritik der Woche: "The Kids Are Alright"
Das Kino macht sich derzeit verstärkt Gedanken über das moderne Bild der Familie. Es spielt alternative Lebensmodelle durch und weicht nebenbei auch die Grenzen zwischen klassischen Familien und ihren homosexuellen Varianten auf.
17.11.2010
Von Anke Sterneborg

So lebt auch Regisseurin Lisa Cholodenko, deren neuer Film "The Kids Are Alright" jetzt ins Kino kommt, in einer Beziehung mit Frau und Kind. Durch ihre eigenen Erfahrungen ist sie besonders wachsam für die Reibungen zwischen traditionellen und modernen Lebensformen.

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In ihrem ersten Film "High Art" entstand aus der wankelmütigen Zweckgemeinschaft zweier Frauen mit größerem Altersunterschied eine echte Liebesgeschichte. Die konservativen Ansichten einer jungen Frau kollidierten in "Laurel Canyon" beim Schwiegermutterbesuch mit einem heiteren und freizügigen Musiker-Hippiehaushalt. Nach einem ähnlichen Muster geht es jetzt auch in ihrem dritten Spielfilm "The Kids Are All Right" ums Aufeinanderprallen verschiedener Lebensmodelle.

Harmonische Familie

Nic (Annette Bening) und Jules (Julianne Moore) sowie ihre beiden Kinder sind eine ganz normale, lockere und harmonische Familie. Mit dem kleinen Unterschied, dass sie zwei lesbische Frauen sind, die sich nacheinander vom selben Samenspender künstlich befruchten ließen. Unruhe kommt in den eingespielten Familienalltag, als ihr Sohn Laser (Josh Hutcherson) seine 18-jährige Schwester Joni (Mia Wasikowska) dazu anstiftet, den leiblichen Vater Paul (Mark Ruffalo) ausfindig zu machen. Als fünftes Rad bringt dieser den Familienwagen ins Schlingern. Der ungewohnte Familienkontakt erschüttert aber auch sein Dasein als überzeugter Single.

Es folgt eine emotionale Achterbahnfahrt von köstlich peinlichen Situationen und vieldeutigen Dialogen. In ihrem Verlauf probieren alle Beteiligten neue Gefühle und Konstellationen aus - Vater- und Muttergefühle, Liebe, Eifersucht und Leidenschaft. Es spitzt sich zu, als Jules sich auch noch unerwartet zu einer hitzigen Affäre mit Paul hinreißen lässt. In schwindelerregendem Tempo wechseln die Mitglieder dieses betörenden Ensembles zwischen Leichtfüßigkeit und Tiefgründigkeit, Verletzlichkeit und Stärke, Nähe und Fremdheit, überflutenden Gefühlen und reservierter Verschlossenheit.

Souveräne Lässigkeit

Wenn Nic und Jules vor ihren peinlich berührten Kindern davon erzählen, wie sie sich kennengerlernt haben, verweisen sie damit oberflächliche und langatmige romantische Komödien in ihre Schranken. Mit einer Mischung aus souveräner Lässigkeit und scharfsinnigem Humor entlarvt Regisseurin Cholodenko die Muster, die in allen menschlichen Familienentwürfen stecken.

USA 2009. Regie: Lisa Cholodenko. Buch: Lisa Cholodenko, Stuart Blumberg. Mit: Annette Bening, Julianne Moore, Mark Ruffalo, Mia Wasikowska, Josh Hutcherson. L: 106 Min. FSK: ab 12, ff.

epd