Eigentlich wollten Wolfgang Gern und Ralf Meister unterschiedliche Positionen vertreten und sich auch schon mal gegenseitig ins Wort fallen, erzählen sie nach der Aufzeichnung der Sendung "Käßmanns Nachfolger gesucht" bei einem schnellen Kaffee. Der TV-Talk wird am Sonntag um 14.45 Uhr auf N3 ausgestrahlt, zwei Tage bevor die Wahlsynode in Hannover beginnt. Erstmals hatte ein Fernsehsender zwei Bewerber für das höchste geistliche Amt der Landeskirche zu einer Diskussion vor die Kameras gebeten.
Doch die Schwerpunkte und Pläne des hessen-nassauischen Diakoniechefs Gern (59) und des Berliner Generalsuperintendenten Meister (48) ähneln sich. Oft ergänzen sie sich gegenseitig auf die Fragen von Fernsehpastor Jan Dieckmann, etwa zum Krieg in Afghanistan. Beide finden es wichtig, an der Seite der deutschen Soldaten und ihren Familien zu sein.
Thema Afghanistan
Darüber hinaus wünscht Gern sich eine gesellschaftliche Debatte über das Ziel des Krieges, an dessen Ende ein "ein eigenständiges und friedliches Afghanistan" stehen sollte. Meister betont: "Das Ziel muss immer bleiben, dass der zivile Friedenseinsatz der stärkste Kampf des Evangeliums ist." Es dürfe aber niemals darum gehen, einen gerechtfertigten Krieg zu führen.
Ob er sich vorstellen könne, als Bischof mit Talar und Kreuz eine Demonstration in Gorleben anzuführen, will Dieckmann von Meister wissen. "Mit Talar und Kreuz nicht, aber als Bischof vor Ort zu sein ganz sicher", antwortet er. Die Rolle eines Bischofs müsse eher vermittelnd sein. Auch Gern sieht sich an der Seite der Gemeinden vor Ort. Beide kritisieren die Laufzeitverlängerung der Atomkraftwerke. "Das halte ich für keine gute Lösung", sagt Meister. Gern schätzt das ähnlich ein: "Wir müssen politisch deutlich machen: Senkrecht von oben geht es nicht mehr."
Islam und Diplomatie
Bei der provozierenden Frage des Moderators nach der Einführung eines muslimischen "Wortes zum Freitag" analog zum "Wort zum Sonntag" in der ARD ringen beide um diplomatische Antworten. "Im Moment würde ich weder Ja noch Nein sagen", so Gern. Er verweist wie Meister auf die großen Unterschiede zwischen den einzelnen muslimischen Gruppen. Auch Meister, der seit sechs Jahren selbst zum Kreis der Sprecher gehört, ist vorsichtig: "Ich kann mir eine Zukunft vorstellen, in der das möglich ist, sehe sie aber zurzeit noch nicht."
Wer nach unterschiedlichen Profilen der beiden Kandidaten sucht, findet sie noch am ehesten in der persönlichen Darstellung. Gern beschreibt sich als "Teamplayer, geprägt durch gute kollegiale Zusammenarbeit". Der Hesse möchte als "Pastor Bischof sein und auch als Bischof Pastor bleiben". Er wünscht sich eine "liebevolle, warmherzige Kirche, die gegen die Frosteskälte unserer Gesellschaft angeht" und sich sozialpolitisch engagiert.
Brüderlicher Umgang
Ralf Meister hält sich mit persönlichen Charakterisierungen zurück. Die erste bischöfliche Aufgabe sieht der gebürtige Hamburger angesichts des enormen Sparprogramms der Landeskirche darin, "nicht mit Ratschlägen zu kommen, sondern diesen Prozess ganz konkret und tröstend zu begleiten". Eine Herausforderung ist für ihn, die Kirchen auf dem Lande zukunftsfähig aufzustellen und die fast 1.000-jährige christliche Kultur in Niedersachsen, "lebendig in diese Zeit zu bringen".
Nachdem die Kameras abgeschaltet sind, amüsieren sie sich darüber, dass sie nun doch eher "brüderlich" miteinander umgegangen sind. Bevor die Familienväter in unterschiedliche Richtungen davon eilen, umarmen sie sich. Beide haben einen randvollen Terminkalender - auch darin unterscheiden sie sich nicht.